Imperialismus, Krieg und die eurasische Bruchlinie

Issue: 175

Rob Ferguson

Aus dem Englischen von Rosemarie Nünning. Zuerst erschienen in International Socialism 175 (June 2022) (http://isj.org.uk/eurasian-faultline)

Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Weltpolitik: Zum ersten Mal seit der Blockade Berlins zu Beginn des Kalten Kriegs prallen in Eurasien zwei atomar bewaffnete Lager aufeinander. Der Krieg in der Ukraine ist keine vorübergehende Episode, seine Wurzeln sind in dem Konflikt zwischen den Großmächten zu suchen, der weit über die Ukraine hinausreicht. Es geht um die globale Konkurrenz, die nach dem Kalten Krieg und dem Zusammenbruch der Sowjetunion Gestalt annahm.1

Der militärische Überfall Russlands auf die Ukraine weist die Merkmale aller imperialistischen Kriege auf: Kriegsverbrechen, zerbombte Städte, Tausende Tote. Über 12 Millionen Menschen sind nun Flüchtlinge oder Binnenvertriebene. Nach ihren eigenen verheerenden Feldzügen in Irak und Afghanistan pumpen die Vereinigten Staaten und die NATO (Nordatlantikpakt-Organisation oder auch Atlantisches Bündnis) nun Waffen und Waffensysteme in die Ukraine und in die an Russland grenzenden osteuropäischen Staaten. Die Zahl der NATO-Soldaten in Osteuropa hat sich verzehnfacht; Deutschland, Europas vorherrschende Wirtschaftsmacht, hat 100 Milliarden Euro zusätzlich für ihren Rüstungshaushalt lockergemacht.2 US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine Militärhilfe in Höhe von mehreren Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Im Vergleich dazu erhält Israel 3 Milliarden Dollar jährlich. Die Financial Times schrieb dazu:

Heute ist Osteuropa militarisierter denn je seit dem Höhepunkt des Kalten Kriegs. Wieder stehen sich Atommächte in den Weiten zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer gegenüber.3

Finnland und Schweden haben erklärt, ihre historische „Bündnisfreiheit“ aufzugeben und der NATO beizutreten, womit sich die Länge der NATO-Grenze mit Russland verdoppelt. Dimitri Medwedew, der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrats Russlands, hat erklärt, der Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO bedeute das „Ende der Gespräche über jedweden atomwaffenfreien Status der baltischen Staaten“.4 Auf einer Reise durch Finnland kündigte der britische Ministerpräsident die Stationierung landgestützter Atomraketen in Großbritannien an.

Diese Konfrontation reicht über ganz Eurasien. Auf dem „Vierergipfel“ mit Japan, Australien und Indien im Mai dieses Jahres nannte Biden den Krieg in der Ukraine eine „dunkle Stunde“ in der gemeinsamen Geschichte der Mächte und verkündete einen neuen, 13 Nationen umfassenden indopazifischen Wirtschaftsraum, um ein größeres Gegengewicht zu China zu schaffen. Außerdem beendete Biden in Bezug auf Taiwan Jahrzehnte der „strategischen Zweideutigkeit“ und versprach, Taiwan auch mit militärischen Mitteln gegen China zu verteidigen, während US-Militärs Taiwan dazu rieten, Lehren aus dem „Ukrainehandbuch“ zu ziehen.5

US-Strategen, westliche Militärs und Diplomatieexperten verfassen kaum einen Bericht oder Artikel über die Ukraine, ohne auf Asien zu deuten.6 In einem typischen Leitartikel des Economist heißt es: „China betrachtet Russland bei der Zerstörung der liberalen Weltordnung als einen Partner.“ Und weiter wird betont, dass die „Entschlossenheit des Westens, Herrn Putin für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen“, die wirksamste Maßnahme sei, um China in die Schranken zu weisen.7

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat bei den Linken große Verwirrung hervorgerufen. Eine sehr kleine Minderheit hält an der Illusion fest, dass Russland lediglich auf die Expansionsbestrebungen der USA und der NATO reagiert und vor Kritik geschützt werden müsse. Die meisten westlichen Linken haben jedoch die Bedeutung der Rolle der NATO heruntergespielt und sie unterstützen Waffenlieferungen der NATO als einziges Verteidigungsmittel der Ukraine.8 Beide Positionen machen letztendlich Zugeständnisse an das eine oder andere imperialistische Lager.

Die Stop the War Coalition (STWC) in Großbritannien hat eine andere Haltung eingenommen und betont, dass der Krieg zunehmend den Charakter eines Konflikts zwischen Imperialisten annimmt. Die STWC stellt sich gegen Russlands Überfall auf die Ukraine, fordert den Abzug der russischen Truppen und Unterstützung der Antikriegsaktivisten. Sie betont aber gleichzeitig, dass die Antikriegsbewegung sich gegen die Ausdehnung der NATO und deren Eskalation des Kriegs wenden muss.9 Die Zeitschrift International Socialism und die International Socialists, in deren Tradition sie gegründet wurde, teilen diese Position.10

Wer die NATO kritisiert, wird scharf angegriffen. Linke Labour-Abgeordnete haben ihre Unterstützung für Stop the War zurückgezogen, und in den Wahlkreisen sind die Labourpolitiker unter dem Diktat des Parteichefs Keir Starmer und der Parteiführung verstummt. Nur vier Gewerkschaften nahmen anfangs eine kritische, aber weiterhin umstrittene Haltung zur NATO ein. Die Antikriegsbewegung wurde von einigen Linken heftig angegriffen, in der Gesamtgesellschaft gibt es jedoch viele, die Angst vor einer Ausweitung des Kriegs haben, mit Zynismus auf die Heuchelei der USA und der europäischen Mächte blicken und offen für Antikriegsargumente sind.

Mit diesem Artikel soll die neue imperialistische Konkurrenz zwischen Russland und dem Westen nach dem Ende des Kalten Kriegs untersucht werden. Der Fall des sogenannten Eisernen Vorhangs hat zu neuen Verwerfungen geführt, die sich in einem weiten Bogen vom Balkan im Westen bis nach Zentralasien und China im Osten erstrecken. Entlang dieses Bogens treffen die drei atomar bewaffneten Lager der Welt aufeinander: das Atlantische Bündnis, Russland und China. Zwei aufstrebende Subimperialisten, die Türkei und Iran, und weitere Regionalmächte wetteifern in einer Region von großer wirtschaftlicher, geostrategischer und geopolitischer Bedeutung um die Durchsetzung ihrer jeweiligen Interessen.

Imperialismus, Russland und seine Konkurrenten

Die erste Ausgabe des Buchs „State Capitalism in Russia“ (später ins Deutsche übersetzt als „Staatskapitalismus in Russland“) von Tony Cliff, einem marxistischen Theoretiker und Gründer der International Socialists (IS) und der Socialist Workers Party (SWP) wurde 1947 noch auf einem einfachen Matritzendrucker erstellt. Cliffs Theorie beruhte auf einer marxistischen Analyse der Beziehung zwischen Imperialismus, Stalins Konterrevolution und dem Klassencharakter Russlands.11 Der Antiimperialismus war fest in der Analyse Cliffs und der von ihm begründeten politischen Tradition verankert. In einem frühen Essay über den Koreakrieg von 1950 prägte Cliff eine wichtige Parole, für die die IS und die SWP bekannt wurden:

In ihrem wahnsinnigen Drang nach Profit und nach Reichtum stellen die beiden imperialistischen Großmächte eine Bedrohung für die Weltzivilisation dar, weil sie bereit sind, das schreckliche Leid eines Atomkriegs über die Menschheit zu bringen. Die Interessen der arbeitenden Klasse, der gesamten Menschheit, erfordern, keine der imperialistischen Weltmächte zu unterstützen, sondern gegen beide zu kämpfen. Der Schlachtruf des wahren Sozialisten muss heute lauten: „Weder Washington noch Moskau, für internationalen Sozialismus!“12

Cliff stützte sich auf die Analyse des Imperialismus, wie er von den russischen Marxisten Wladimir Iljitsch Lenin und Nikolai Bucharin im Ersten Weltkrieg entwickelt worden war. In International Socialism 174 hat Joseph Choonara die Grundzüge einer marxistischen Herangehensweise an dieses Phänomen skizziert.13 Erstens: Imperialismus ist ein weltweites System, das kapitalistische Staaten in Konflikte hineinzieht. Zweitens: Imperialismus stellt ein Stadium der kapitalistischen Entwicklung dar, in der der Produktionsprozess die nationalen Schranken sprengt, sodass Staat und Kapital zunehmend miteinander verflochten sind. Unternehmen stützen sich auf den Staat mit seiner politischen, wirtschaftlichen und militärischen Macht, um das Kapital gegen seine Konkurrenten zu schützen, während der Staat für seinen Machterhalt abhängig ist von dem Niveau der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung des Kapitals.

Die Haupttendenz bei den Linken besteht darin, den Krieg in der Ukraine allein im Kontext des russischen Angriffs zu betrachten. Die Russland zugeschriebenen Motive reichen von Wladimir Putins russischem Chauvinismus über die autokratischen Traditionen und eine angeblich unterwürfige Mentalität der russischen Gesellschaft bis zu einer auf Stalin und die Zaren zurückgehenden Geschichte imperialistischer Vorhaben. Verblüffend ist, dass diese Ansichten sich kaum von den liberalen Standarderzählungen unterscheiden und stark an die Geschichtsschreibung im Kalten Krieg erinnern. Einige, die den russischen Einmarsch in die Ukraine in den Mittelpunkt stellen, räumen zwar ein, dass die imperialistische Konkurrenz zwischen Russland und dem Westen allgemein betrachtet eine Rolle spiele, aber sie halten das für nebensächlich in Bezug auf den Kampf der Ukraine für Selbstbestimmung.14

Wer für ein umfassenderes Verständnis des Kriegsgeschehens in der Ukraine plädiert und auf die Rolle der NATO und des US-Imperialismus hinweist, muss sich den Vorwurf des Ablenkungsmanövers gefallen lassen – oder Schlimmeres. Die russische Offensive kann jedoch nicht isoliert begriffen werden. Es bedarf einer konkreten Analyse, um die Ursache für den Krieg zu ergründen: nämlich die imperialistischen Konkurrenzen, die sich entlang der eurasischen Bruchlinie entwickelt haben, und Russlands Position in der imperialistischen Weltordnung. Wir können zu solch einer Analyse einige Vorbemerkungen machen.

Als Erstes müssen wir Merkmale der imperialistischen Konkurrenz benennen, die wesentlich für den imperialistischen Konflikt zwischen Russland und dem Westen sind. Qua Definition ist der Imperialismus ein dynamisches System der Konkurrenz zwischen Staaten, deren wirtschaftliche, militärische und geopolitische Macht wächst und schwindet. Konflikte spitzen sich nicht selten dann zu, wenn das Gleichgewicht der Kräfte sich verschiebt. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer militärischen Auseinandersetzung.

Grafik 1: Die eurasische Bruchlinie: NATO-Mitglieder, Mitglieder der von Russland angeführten Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) und Länder, die Russland als Teil seines strategisch wichtigen „nahen Auslands“ betrachtet

Zweitens treten sich Staaten nicht als Gleiche gegenüber, ihre wirtschaftlichen und militärischen Ressourcen sind selten symmetrisch. Die Fähigkeit eines Staats, Macht auszuüben, ist abhängig von seiner wirtschaftlichen Stärke, aber nicht darauf zu reduzieren.

Drittens schließt der allgemeine wirtschaftliche oder militärische Nachteil eines schwächeren Imperialismus die Anwendung militärischer Mittel gegen stärkere Rivalen nicht aus. Eine weniger bedeutende imperialistische Macht kann spezifische geopolitische und militärische Vorteile gegenüber einem stärkeren Imperialisten haben. Ein Beispiel dafür ist Japans Überraschungsangriff auf das Russische Reich im Russisch-Japanischen Krieg von 1904, aus dem Japan siegreich hervorging. Im Vorfeld des Ersten Weltkriegs versuchte Deutschland, die britische Kriegsmarine zu überflügeln, um Großbritanniens koloniale Vormachtstellung über den Welthandel zu brechen. Als dieser Versuch scheiterte, leitete Deutschland die militärische Konfrontation auf dem europäischen Kontinent ein.15 Im Zweiten Weltkrieg griff Japan die US-amerikanische Südpazifische Flotte in Pearl Harbour an, um die Einmischung der USA in Japans angestrebte Gebietseroberungen in Südostasien zu verhindern. Im Jahr 1952 unterstützten Russland und China den militärischen Überfall Nordkoreas auf Südkorea, um den Einfluss der USA in Asien zurückzudrängen. Was als Stellvertreterkrieg zwischen koreanischen Kräften begann, verwickelte die USA und China in eine Konfrontation, die in eine blutige Pattsituation mündete. Alle Imperialismen behaupten, dass ihre Armeen, ihre Bündnisse und ihre Kriege der „Verteidigung“ dienen, egal ob sie „den ersten Schuss“ abgaben oder nicht. Aus Sicht der arbeitenden Klasse und der Unterdrückten sind aber alle Imperialismen Aggressoren, die mit ihren Kriegen zur Eroberung von Ressourcen und Märkten unterworfene Nationen und Völker unterdrücken und ausbeuten.

Viertens sind an imperialistischen Auseinandersetzungen selten nur zwei Rivalen beteiligt. Ein Konflikt in einem Teil des Weltsystems hat Auswirkungen auf Staaten in anderen Gegenden. Bündnisse werden geschmiedet und jedes Lager versucht, die Spannungen auszunutzen und Zwietracht zwischen seinen Konkurrenten zu säen.

Und schließlich zwingt das Weltsystem die Staaten dazu, Vorteile und Hegemonie zu erlangen und die Vorherrschaft über ihre eigene „Einflusssphäre“ zu erringen, wobei sie in die Sphäre ihrer Rivalen eindringen. Diese Konkurrenz ist letztendlich ein „Nullsummenspiel“. In dem Drang nach Kapitalakkumulation kann kein Teil des Weltsystems außerhalb der Sphäre der konkurrierenden Staaten bleiben. David Harvey schreibt:

Da sie nicht alle langfristig Erfolg haben können, erliegen entweder die Schwächsten und geraten in ernsthafte Krisen lokaler Entwertung oder es kommt zu geopolitischen Kämpfen zwischen den Regionen. […] wobei die stets gegenwärtige Gefahr militärischer Konfrontationen (der Sorte, die uns im 20. Jahrhundert zwei Weltkriege zwischen kapitalistischen Mächten beschert hat) im Hintergrund lauert.16

Wenn wir all das berücksichtigen, können wir imperialistische Konflikte nicht einfach auf „ökonomische“ oder „geopolitische“ – und schon gar nicht ideologische – Gründe zurückführen. Alex Callinicos hat bereits ausgeführt, dass die geopolitische und wirtschaftliche Konkurrenz in imperialistischen Konflikten auf komplexe Weise miteinander verwoben sind und nicht auf das eine oder andere reduziert werden können. Auch können wir einen spezifischen Konflikt zwischen Imperialisten nicht einfach mit einem anderen vergleichen, da imperialistische Kriege sich nicht bloß wiederholen. Die Bedeutung der marxistischen Theorie liegt in der Methode der Analyse jedes Konflikts über die unmittelbaren Kriegsfronten hinaus und darin, sie in den Kontext eines Weltsystems zu stellen.17

Die Krise Russlands, die Wirtschaft und der Staat: 1991 bis 1999

Im Oktober 1991 sprach Boris Jelzin vor dem russischen Volksdeputiertenkongress:

Die Umstellung auf Marktpreise ist eine schwierige und gewaltsame, aber unerlässliche Maßnahme. Etwa sechs Monate lang wird es für jeden schlechter werden, aber dann werden die Preise fallen, der Konsummarkt wird mit Gütern überschwemmt sein und im Herbst 1992 wird die Wirtschaft in die Phase der Stabilität eintreten und das Leben der Menschen wird sich Schritt für Schritt verbessern.18

Die Rede Jelzins, der erst kurz zuvor zum Präsidenten ernannt worden war, kündigte eine Zeit der wirtschaftlichen „Schocktherapie“ in Russland an und ein Jahrzehnt beispielloser Krise für den Staat und die Gesellschaft. Diese „schwierigen und gewaltsamen Maßnahmen“ bestanden aus drei Kernelementen: der Freigabe der Preise, dem Abbau von Sozialleistungen und der Privatisierung von Staatseigentum. Der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank, Russlands liberale „Reformer“ und westliche Regierungen versprachen allesamt, dass nach einer relativ kurzen Zeit wirtschaftlicher Pein Russland den Vorteil der Integration in die Weltwirtschaft spüren werde.

Am Ende erlitt Russland einen beispiellosen wirtschaftlichen Zusammenbruch als Folge dessen, was der Politikwissenschaftler Anatol Lieven als „Poltergeistökonomie“ bezeichnete.19 Arbeiter erhielten monatelang keinen Lohn, die Sozialhilfe wurde radikal gekürzt und Ersparnisse und Renten lösten sich in Luft auf. Im Jahr 1992 stieg die Inflation auf 1.354 Prozent und das Realeinkommen der lohnabhängigen Russen fiel um 46 Prozent. Rund 32 Prozent der Kinder wurden als hungrig eingestuft und Millionen Familien waren auf selbst angebautes Gemüse und Obst aus ihren kleinen Gärten angewiesen.20 Von 1991 bis 1994 sank die Lebenserwartung der Männer auf 57,4 Jahre, was einen Rückgang um 6 Jahre innerhalb von nur 3 Jahren darstellte. Die Freitodraten waren Anfang der 1990er Jahre die höchsten der Welt und der Alkoholkonsum stieg dramatisch an.21

Die Zerstörung der russischen Industrie erreichte ein die Weltwirtschaftskrise von 1929 in den USA weit übersteigendes Ausmaß, und der Verlust an industriellen Anlagen war größer als während des Zweiten Weltkriegs. Das Bruttoinlandsprodukt sank um 43,3 Prozent und der Industrieausstoß um 56 Prozent. Im Zeitraum von 1991 bis 1995 gingen die Investitionen um 78 Prozent zurück, wobei die Investitionen in Spitzentechnologie am stärksten betroffen waren.22

Die „Schocktherapie“ wirkte sich auf die gesamte Volkswirtschaft aus. Nach sechs Jahrzehnten staatskapitalistischer Entwicklung waren Staatsapparat und Industriestrukturen in der Sowjetunion sehr viel enger miteinander verflochten als in anderen Gegenden der Welt.23 Mit dem Zusammenbruch der alten Kommandostrukturen nutzten die Industrieleiter und die Funktionäre aus dem Partei- und Sicherheitsapparat ihre Macht, sich die privatisierten Unternehmen unter den Nagel zu reißen und die Einkünfte zu maximieren, ohne Rücksicht auf die Unterbrechung der Lieferketten und der Produktion.24 Unterdessen schufen sich Regionalgouverneure Machtzentren in Opposition zu Moskau. Privatinteressen unterschieden sich häufig kaum noch von organisierter Kriminalität; der staatliche Versuch der Steuereintreibung wurde umgangen und Milliarden Dollar flossen zum Geldwaschen in Steuerparadiese. Der Russlandwissenschaftler Stephen Cohen beschrieb einen „eifersüchtigen Kampf um das riesige Eigentum und die Machtstrukturen, die zuvor unter Kontrolle des Sowjetstaats standen: Fabriken, Banken, Grund und Boden, Geschäfte, Fernsehsender, Pressehäuser, Verkehr und – natürlich – militärisches Eigentum […] von den Hauptstädten bis zu den Provinzen“.25

Schichten der alten Nomenklatura und neue Unternehmer erzielten zwar Riesengewinne, aber der Zusammenbruch und das wirtschaftliche Chaos schadeten den Interessen des russischen Staats und des russischen Kapitals insgesamt. Die russische herrschende Klasse hatte keine Ahnung, wie sie die Krise lösen sollte. Zu den alten Methoden zurückzukehren war nicht möglich, und gleichzeitig war der Weg zum Wiederaufbau der Wirtschaft versperrt.

Die staatskapitalistische Form der Kapitalakkumulation hatte sich in den ersten Jahrzehnten der Industrialisierung und der Entwicklung in der Sowjetunion als außerordentlich dynamisch erwiesen, auch wenn sie auf dem Rücken der arbeitenden Klasse und der Bauernschaft erzielt wurde. Als jedoch die Rivalen Russlands ihre Produktion immer mehr global vernetzten, fiel Russland in jedem Bereich der Volkswirtschaft zurück, auch bei moderner Technologie und der Waffenherstellung.26 Alex Callinicos schrieb dazu:

Die Sowjetunion, […] eine geschlossene Wirtschaft, deren Kommandosystem dazu diente, sie von dem Markt abzuschotten, konnte an der steigenden Produktivität durch die internationale Arbeitsteilung nicht teilhaben. Die Organisationsweise der SU, aufgrund derer die Nomenklatura Ressourcen mobilisieren konnte, die zur Transformation der Sowjetunion in eine militärisch-industrielle Supermacht notwendig waren, wurde zu einem Hindernis für die weitere Entwicklung in der Ära des multinationalen Kapitalismus.27

In den 1930er Jahren war es Stalins erklärtes Ziel, den Westen „einzuholen und zu überholen“. In einer Rede an die „Funktionäre der sozialistischen Industrie“ erklärte er: „Wir sind hinter den fortgeschrittenen Ländern um 50 bis 100 Jahre zurückgeblieben. Wir müssen diese Distanz in zehn Jahren durchlaufen. Entweder bringen wir das zustande, oder wir werden zermalmt.“28 Diese Vorgabe verfolgt die herrschende Klasse Russlands noch immer. Das Ziel der „Schocktherapie“ bestand nicht nur in der forcierten wirtschaftlichen und technischen Entwicklung um ihrer selbst willen, sondern um Russlands Wirtschafts- und Staatsmacht auf die Ebene der Konkurrenzfähigkeit mit anderen Mächten zu heben. Bis heute hängt das Desaster der 1990er Jahre wie ein Albtraum über Russlands Machthaber und Kapitalisten.

Die Ära Jelzin endete mit der schweren russischen Wirtschaftskrise von 1998. Inmitten der Turbulenzen wurde Putin, ein bis dahin unbekannter ehemaliger KGB-Offizier, im Jahr 1999 von Jelzin zum Premierminister ernannt und übernahm Ende des Jahres das Präsidentenamt. Putin leitete einen Kurswechsel ein, um die russische Wirtschaft wiederzubeleben und die Macht und Autorität des Staats wiederherzustellen.

Russlands Machtausdehnung und der Westen: 1991 bis 1999

Francis Fukuyama verkündete nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bekannterweise das „Ende der Geschichte“.29 Fukuyama behauptete, die Zeit des großen ideologischen Zusammenstoßes zwischen konkurrierenden Systemen sei vorbei. Es blieben zwar noch ein paar Hindernisse und Herausforderungen, wie etwa der islamische Fundamentalismus, aber diese Überbleibsel könnten das allgemeine Fortschreiten der liberalen Demokratie nicht beeinträchtigen.

Fukuyamas These mag heute abwegig erscheinen, jedoch war nach dem Fall der Berliner Mauer die Ansicht weit verbreitet, dass eine neue Ära des Friedens und der Partnerschaft zwischen den Nationen möglich war, wenn die Regierungen nur die Weitsicht und den Mut hätten, diese Chance zu ergreifen. In Europa waren diese Hoffnungen vielleicht am größten. Wie sind wir also von dort nach hier gekommen?

Die Vorstellung, der Kalte Krieg sei das Ergebnis des Zusammenstoßes von Ideologien gewesen, war schon immer falsch. Die Spaltung auf dem Globus zwischen den Supermächten war ein Zusammenstoß zweier konkurrierender Imperialismen, wobei der eine eine staatskapitalistische Grundlage hatte und der andere sich auf eine globalisierte Produktion und den Weltmarkt stützte. Deshalb endete die imperialistische Konkurrenz nach dem Ende des Kalten Kriegs im Jahr 1991 eben nicht.

Der Drang zum Wettbewerb ist ein permanentes, dem globalen System innewohnendes Merkmal. Geht eine Zeit des imperialistischen Konflikts zu Ende, kommt eine neue und führt unweigerlich zu möglicherweise noch schärferen imperialistischen Auseinandersetzungen. Der Erste Weltkrieg, der Zweite Weltkrieg und der Kalte Krieg haben jeweils ihre eigene zerstörerische „Lösung“ gefunden. Doch jede „Lösung“ bereitete den Boden für die nächste Phase imperialistischer Konflikte.

Russland ging aus dem Zusammenbruch des sowjetischen Reichs mit einer erheblich geschwächten Wirtschafts-, Staats- und Heeresinfrastruktur hervor, aber es war nicht machtlos. Russland hatte das zweitgrößte Atomwaffenarsenal geerbt und befehligte die größten konventionellen Streitkräfte der Region. Die meisten unabhängig gewordenen ehemaligen Sowjetstaaten waren stark auf die russischen Energielieferungen angewiesen, ebenso auf die in den Jahrzehnten der Sowjetmacht aufgebaute Industrie- und Wirtschaftsinfrastruktur. Verglichen mit den USA und deren Verbündeten war Russlands Macht beschränkt, aber umso wichtiger war es, diese zu verteidigen.

Als Russland in eine neue Krise eintrat, waren während des Kalten Kriegs geschlossene Regionen nun für den US-Imperialismus und seine europäischen Partner zugänglich. Als der Eiserne Vorhang fiel, öffnete sich ein riesiges Gebiet zwischen Westeuropa und der russischen Grenze. Bei all den Reden, warmen Worten und Gipfeltreffen zwischen russischen und westlichen Staats- und Regierungschefs blieben zwei Fragen offen. Die eine lautete: Wie weit und wie schnell würde ein gestärktes Atlantisches Bündnis vordringen? Die zweite: Wie weit und wie schnell würde Russland sich wieder behaupten können?

Trotz dieser Krise war Russland bestrebt, seine Vorherrschaft über die eurasischen Grenzstaaten wiederzuerlangen, und kam dabei kaum zu Atem. Russland wollte eine Pufferzone zu den europäischen Mächten Richtung Westen und zu China, der Türkei und Iran im Süden errichten. Im März 1993 verkündete Jelzin: „Für die zuständigen internationalen Gremien ist der Zeitpunkt gekommen, Russland als Garanten für Frieden und Stabilität auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion besondere Befugnisse einzuräumen.“ Sechs Monate später stellte der russische Außenminister Andrei Kosyrew bei den Vereinten Nationen (UN) diese Forderung erneut auf.30 Bereits im Jahr 1992 forderten selbst Radikaldemokraten, die Jelzin unterstützten, eine russische „Monroedoktrin“, damit Russland Hegemonie über das ehemalige Sowjetgebiet ausüben konnte.31

Russlands Bemühungen, sich in die Weltwirtschaft einzugliedern, seine energiepolitische Strategie und sein Hegemonieanspruch waren eng miteinander verbunden. Im Jahr 1993 war der Export von Rohstoffen zum Rettungsanker für die russische Volkswirtschaft geworden. Rohstoffe, vor allem Öl und Gas, machten 65 Prozent des Gesamtexports aus. Im Jahr 1995 entfielen 70 Prozent der russischen Exporte auf nur zehn Rohstoffe.32 Im Jahr 2021 war Russland der weltgrößte Exporteur von Erdgas, zweitgrößter Exporteur von Rohöl und Gaskondensaten und drittgrößter Exporteur von Kohle. Der europäische Markt nahm 74 Prozent der russischen Gasexporte auf, 49 Prozent des Öls und 32 Prozent der Kohle.33 Im Februar 2022 bezog Russland die Hälfte seines Staatshaushalts aus Öl- und Gaserträgen.34 Die über die eurasische Bruchlinie führenden Pipelines und Transitstrecken waren für den russischen Staat von höchster Bedeutung.

Russland setzte seine imperialistische Macht strategisch ein und machte sich nationale und ethnische Spaltungen bis hin zu offenen Konflikten und Kriegen zunutze. Unter dem Deckmantel der „Friedenssicherung“ griff Russland in Auseinandersetzungen jenseits seiner Grenzen ein und diktierte den Nachbarstaaten Bedingungen, die sie an den russischen Einflussbereich banden. Über ihnen schwebte nun das Damoklesschwert eines „eingefrorenen Konflikts“, sollten sie es wagen, sich zu weit aus dem russischen Machtbereich zu entfernen. Moskau ging bei einer Reihe von militärischen Überfällen, Bürgerkriegen und Abspaltungskriegen höchst gewalttätig vor, so im georgischen Bürgerkrieg von 1991 bis 1993; in dem Abspaltungskrieg zwischen Südossetien und Georgien 1991/92; in den ethnischen Konflikten zwischen Osseten und Inguschen 1992; in dem Abspaltungskonflikt zwischen Transnistrien und Moldawien 1992; in dem Abspaltungskrieg zwischen Abchasien und Georgien 1992/93; in dem Bürgerkrieg in Tadschikistan 1992 bis 1997; in dem Bürgerkrieg in Tschetschenien 1993/94; in dem ersten Nagorno-Karabach-Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan 1988 bis 1994; und bei dem russischen Einmarsch in Tschetschenien 1994 bis 1996. Dave Crouch hat die russische Taktik wie folgt beschrieben:

Die friedenssichernden Kräfte bestanden hauptsächlich aus russischen Truppen. Sie rückten erst nach den entscheidenden Kämpfen ein und nahmen kaum Einfluss auf das blutige Geschehen. Sie ergriffen Partei für eine Seite (oder belieferten beide Seiten mit Waffen, um deren Volkswirtschaften zu schwächen und sie an Moskau zu binden). Sie stützten sich häufig auf lokale Freischärler und gingen nirgendwo die den Konflikten zugrunde liegenden Probleme an.35

Der Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien kostete 20.000 Menschen das Leben und 1,5 Millionen wurden zu Flüchtlingen. Die Kriege in Georgien, Ossetien und Abchasien kosteten 50.000 Menschen das Leben und eine halbe Million musste fliehen. Schätzungen für den Bürgerkrieg in Tadschikistan reichen bis zu 100.000 Toten und 1,2 Millionen Vertriebenen. Der erste tschetschenische Krieg forderte bis zu 80.000 zivile Opfer und führte zur Vertreibung von 500.000 Menschen.

Während Russland seine Vorherrschaft über das „angrenzende Ausland“ befestigte, dehnten die USA ihre eigene imperialistische Reichweite aus. Im Januar 1991 entfesselten die USA den ersten Golfkrieg nach dem Einmarsch Iraks in Kuwait, brachten dem Staatspräsidenten Saddam Hussein eine schwere Niederlage bei und leiteten ein Jahrzehnt der Sanktionen ein. Im Jahr 1995 intervenierten die UN unter Führung der USA in den somalischen Bürgerkrieg. Hier erlitten die US- und UN-Truppen allerdings in der „Schlacht von Mogadischu“ eine demütigende Niederlage und zogen sich 1995 mit erheblichen Verlusten zurück. Das war ein warnendes Zeichen für künftige Entwicklungen.

Im Jahr 1991/92 heizte das frisch vereinigte Deutschland entgegen den Wünschen der USA den Zerfall Jugoslawiens an. Das trug zu ethnischen Spannungen und gegenseitigen ethnischen Säuberungen bei. Im Jahr 1995 übernahmen die USA das Kommando über eine Intervention in den Bosnienkrieg; innerhalb von zwei Wochen flogen fast 300 Kampfflugzeuge aus acht NATO-Ländern über 3.500 Einsätze.36 Im Jahr 1999 begann die NATO erneut einen Krieg gegen Serbien, diesmal wegen des Kosovos. Dieser Konflikt erwies sich als Wendepunkt in der Konfrontation zwischen dem Westen und Russland.

In der ersten Hälfte des Jahrzehnts schienen die Interventionsbereiche Russlands und des Westens eher parallel zu verlaufen, als in direkter Konfrontation. Ende 1994 hatte Moskau zum ersten Mal seine Hegemonie über die angrenzenden Länder weitgehend gesichert, außer über die kleine Republik Tschetschenien im Nordkaukasus und über die Ukraine.

Grafik 2: Karte des Kaukasus mit den Ländern der Russischen Föderation und den umstrittenen Gebieten in Aserbaidschan und Georgien

Der Kaukasus (wörtlich: die Berge) stand im Mittelpunkt der russischen Militäraktionen in den 1990er Jahren. Die Staaten des Kaukasus waren auf dem Amboss des russischen Imperialismus zur Zeit der Zaren geschmiedet worden. Im Westen liegt das Schwarze Meer, die Durchfahrt zum Mittelmeer und Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte; im Osten sind das Kaspische Meer und Zentralasien mit seinen riesigen Energieressourcen; im Süden liegt die Grenze zur Türkei und zu Iran. Der Verlust des Einflusses im Kaukasus stellte eine unmittelbare strategische Bedrohung für den russischen Imperialismus dar.

Tschetschenien

Tschetschenien ist eine ölreiche kaukasische Republik, kleiner als Wales, die zum Lackmustest für die Macht Russlands in den 1990er Jahren werden sollte. Tschetschenien liegt im Nordkaukasus, wo die Zaren blutige Kriege geführt hatten, eine Politik der verbrannten Erde verfolgten und ethnische Säuberungen gegen das Aufbegehren gegen zaristische Herrscher durchführten. Unter Stalin wurde im Jahr 1944 die gesamte kaukasische Bevölkerung deportiert, auch die Tschetschenen gehörten dazu. Im Oktober 1991 wurde Dschochar Dudajew, ehemaliger „sowjetischer Vorzeigeoffizier“ und General der Luftstreitkräfte, mit 85 Prozent der Stimmen zum Präsidenten Tschetscheniens gewählt, Im folgenden Monat erklärte Dudajew Tschetschenien zur unabhängigen Republik.37

Obwohl die tschetschenische Hauptstadt Grosny ein wichtiger regionaler Umschlagplatz für Öl war, ging Tschetscheniens Bedeutung weit über die Frage der Energieversorgung hinaus. Im Gegensatz zu den neuen, unabhängigen Staaten war Tschetschenien keine „verbündete“ Republik, sondern Teil der russischen Föderation. Tschetscheniens Unabhängigkeitserklärung bedrohte somit den Zusammenhalt des russischen Staats und gefährdete Russlands Strategie der Vorherrschaft in Eurasien.

Nur wenige Woche nachdem Dudajew die Unabhängigkeit erklärt hatte, schickte Moskau Abordnungen der berüchtigten Polizei des Innenministeriums mit gepanzerten Fahrzeugen nach Grosny. Hunderttausende gingen dagegen auf die Straße und zwangen Moskau zum Rückzug.

Das war nur eine Atempause. Ende 1994 glaubte Jelzin, dass die tschetschenische Führung durch Korruption und innere Spaltungen geschwächt war. Im Dezember 1994, nach wochenlangem schwerem Artilleriebeschuss, rückten mit unerfahrenen Rekruten besetzte Panzer und Panzerwagen auf die Ruinen von Grosny vor. Das mündete in eine Katastrophe für Russland. Die Panzerkolonnen gerieten in den Hinterhalt und wurden in Brand gesetzt. Tschetschenische Kräfte konnten die russischen Einheiten in einem wochenlangen erbitterten Häuserkampf ausmanövrieren. Erst nach einer dreimonatigen Schlacht, in der 2.000 russische Soldaten getötet wurden, konnte Russland Grosny einnehmen.

Russlands Armee drängte die tschetschenischen Kräfte in die südlichen Berge zurück. Doch die Zahl der Opfer stieg immer weiter an. Russlands von Fahnenflucht geplagte Wehrpflichtigenarmee hat sich davon nicht erholt. Im Sommer 1996 eroberten die Tschetschenen die Hauptstadt zurück und brachten einer verzweifelten, unbesoldeten, schlecht ausgerüsteten Streitmacht, die einst der Stolz der zweiten Supermacht der Welt gewesen war, eine anscheinend endgültige Demütigung bei. Damit hatten sich auf brutale Weise die Grenzen der russischen Militärmacht gezeigt.38

Die Ukraine

In den 1990er Jahren zog das russische Eingreifen in den Kaukasus große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Letztendlich aber waren es die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine, die die größte Bedrohung für die künftige Hegemonie Russlands und seine Beziehung zu den europäischen Mächten und den USA darstellten.

Der ehemalige sowjetische Flottenstützpunkt Sewastopol auf der Halbinsel Krim beherbergte die ukrainische Schwarzmeerflotte, und die Südküste des Landes sowie die Häfen waren wirtschaftlich und strategisch gesehen von großer Bedeutung. Die Ukraine hatte ein Drittel des sowjetischen Atomwaffenarsenals geerbt, was den neuen Staat zur drittgrößten Atommacht der Welt machte.

Die Ukraine ist flächenmäßig das zweitgrößte Land in Europa nach Russland und hatte zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit mit 52 Millionen Einwohnern die größte Bevölkerung Ost- und Mitteleuropas. Die Industrie der Ukraine war ein wesentlicher Teil des sowjetischen militärisch-industriellen Komplexes gewesen, und seine Schwarzerderegion die Kornkammer der Sowjetunion. In den 1990er Jahren gingen 90 Prozent der gesamten Gasexporte Russlands durch die Ukraine.

Das Industrie- und Steinkohlegebiet im Osten der Ukraine waren ein Zentrum der Industrialisierung unter den Zaren und später unter Stalin gewesen. Die Wirtschaftsbosse und Oligarchen im Osten waren stark in die Handels- und Vertriebsinfrastruktur mit Russland und die russischen Märkte integriert. Die fruchtbare Schwarzerderegion an der Grenze zu Polen versprach lukrative Exporte auf den europäischen und dem Weltmarkt.

Die Bevölkerung im Osten und Süden der Ukraine war überwiegend russischstämmig und russischsprachig, und viele hatten Verbindungen zu Russland. Im überwiegend ukrainischen Westen gab es starke ukrainisch-nationalistische Strömungen, die nach Europa blickten. Der größte Teil des Landes war jedoch zweisprachig, und die Ukrainer heirateten untereinander und arbeiteten und lebten unabhängig von ihrem sprachlichen Hintergrund zusammen. Bei dem Referendum von 1991 lag die Zustimmung zur Unabhängigkeit in allen Regionen, mit Ausnahme der Krim, bei über 84 Prozent, und selbst auf der Krim stimmte eine Mehrheit für die Unabhängigkeit.39

Die Ukraine war von allen postsowjetischen Staaten von der Krise der 1990er Jahre am härteten betroffen. Die Inflationsrate stieg 1993/94 in der Ukraine um monatlich 100 Prozent und das Land war das Armenhaus Europas. Das Bruttoinlandsprodukt brach von 1990 bis 1994 um fast die Hälfte ein und ging für den Rest des Jahrzehnts weiter zurück.

Die Ukraine (wörtlich: Grenzgebiet oder auch Mark) ist schon seit langer Zeit ein Gebiet, auf dem imperialistische Armeen Kriege führten und sich das Gebiet einverleibten. An das Schwarze Meer grenzen der Balkan, der Kaukasus, die Ukraine, Russland und die Türkei an. Die Größe der Ukraine, ihre geografische und strategische Lage zwischen Russland und Osteuropa und ihr Zugang zum Schwarzen Meer haben sie zu einer „tragenden Säule im Gewölbe“ des „nahen Auslands“ Russlands gemacht.40 Die Ukraine fungiert als Dreh- und Angelpunkt für Russlands wirtschaftliche Reichweite in Europa und seine militärische Verteidigungsfähigkeit. Mit der Ukraine in seinem Machtbereich ist Russland eine Großmacht, die sich über Europa, das Schwarze Meer und Asien erstreckt. Fällt die „tragende Säule“ Ukraine weg, ist Russland umzingelt und isoliert.

Von Anfang an gab es harte Auseinandersetzungen über die Bündnisfrage. Im Jahr 1994 stellten die Politologinnen Fiona Hill und Pamela Jewett fest:

Seitdem die Ukraine im Jahr 1991 zu einem unabhängigen Atomstaat und einem möglicherweise wichtigen Akteur in der europäischen Politik geworden ist, wurde die ukrainisch-russische Beziehung zur spannungsgeladensten im postsowjetischen Raum. Die Manöver und Gegenmanöver der beiden Staaten haben sie an den Rand eines Konflikts gebracht.41

Da die Frage der Krim, der Kontrolle über die Schwarzmeerflotte und des Transfers des ukrainischen Atomwaffenarsenals ungelöst blieb, machte Jelzin klar, dass die territoriale Integrität der Ukraine von dem Verblaib der Ukraine in der russischen Einflusssphäre abhing. Das war auch der Wortlaut des im Dezember 1991 zwischen Russland, Belarus und der Ukraine unterzeichneten Abkommens zur Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Nach der ursprünglichen Unabhängigkeitserklärung der Ukraine im August 1991, noch vor der Auflösung der Sowjetunion, verkündete Jelzins Pressesprecher, Russland behalte sich „das Recht vor, die Grenzen mit der Ukraine zu überprüfen“, sollte diese die Sowjetunion verlassen.42

Das Spiel mit dem Feuer und die Manöver zwischen Russland und der Ukraine setzten sich in den 1990er Jahren fort. Abkommen über das Atomwaffenarsenal, die Aufteilung der Schwarzmeerflotte, den Status der Krim und die Energieversorgung wurden unterzeichnet und regelmäßig gebrochen. Im Jahr 1993 kam es nach einer Vereinbarung zwischen Jelzin und dem ukrainischen Präsidenten Leonid Krawtschuk über die Aufteilung der Flotte zu einer Meuterei russischer Marineoffiziere. Die Offiziere forderten, die Flotte der russischen Befehlsgewalt zu unterstellen. Der Oberste Sowjet Russlands erklärte Sewastopol zu einem Teil Russlands. Krawtschuk zog seine Zustimmung zu den Atomwaffensperrverträgen zurück und befürwortete die Belassung einiger der 1.800 Atomraketen auf ukrainischem Boden. Im August 1993, mitten in der Erntezeit, unterbrach Russland die Energielieferung an die Ukraine, die Ernte verdarb auf den Feldern und die Agrarexporte der Ukraine waren gefährdet.43

In der Bergbau- und Industrieregion der Ostukraine schwand die Begeisterung der Arbeiter für die Unabhängigkeit, als sich die Wirtschaftskrise verschärfte und der Wirtschaftskrieg zwischen der ukrainischen und russischen Regierung die Produktion beeinträchtigte. Oligarchen und Politiker begannen damit, ethnische und nationalistische Spaltungen im Osten wie im Westen zu schüren. Im Juli 1993 riefen 122 Bergbaudirektoren im Donbass einen „Direktorenstreik“ aus und versammelten Bergleute aus dem gesamten Donbass auf dem zentralen Platz der Regionalhauptstadt Donezk. Arbeiter der Artilleriefabrik beteiligten sich an dem Streik, der auch auf die Region Charkiw im Norden übergriff.44

Das Parlament der Ukraine, die Rada, war gespalten. Im September 1993 versuchte Krawtschuk sich mit Jelzin zu verständigen. Die Präsidenten schlossen eine Reihe Abkommen auf der Krim ab, wonach die Ukraine ihren Anteil an der Schwarzmeerflotte verkaufen sollte, Russland sollte Sewastopol pachten und die Ukraine dem Abbau ihrer Atomwaffen zustimmen. Krawtschuk erklärte, der Ukraine hätte „der Verlust der Flotte und sogar Krim“ gedroht, wenn sie weiterhin Anspruch auf die Flotte erhoben hätte.45

Die Rada weigerte sich jedoch, die Verträge zu ratifizieren. Die Aufteilung der Flotte wurde schließlich im Jahr 1997 vereinbart, 82 Prozent der Schiffe sollten an Russland gehen und die Krim sollte auf 20 Jahre an Russland verpachtet werden.46 Das war keine endgültige Lösung und als Übergangskompromiss abhängig von der Ausrichtung des Regimes in Kiew.47 Im Jahr 2010 stimmte der auf Russland orientierte Präsident Wiktor Janukowitsch dem Abkommen von Charkiw zu, mit dem der Pachtvertrag für die Krim bis 2042 verlängert wurde. Daraufhin kam es zu Handgreiflichkeiten in der Rada und die Opposition erklärte die Abstimmung über die Ratifizierung für verfassungswidrig.48 Im Jahr 2021 leitete die ukrainische Staatssicherheit Vorermittlungen gegen die Abgeordneten ein, die für die Unterzeichnung des Abkommens gestimmt hatten.

Die Frage der Vorherrschaft über die Krim und das Schwarze Meer war bereits in den ersten Tagen von Jelzins Präsidentschaft eine rote Linie für Russland, und Kiew musste ständig mit einseitigen Maßnahmen Russlands rechnen. Die Krise von 2014 und die Annexion der Krim waren nicht einfach auf die aggressive Politik Putins zurückzuführen. Die Kontrolle über die Schwarzmeerflotte, den Marinestützpunkt von Sewastopol und die gesicherte strategische Präsenz an der Schwarzmeerküste waren die Voraussetzung dafür, dass Russland seine Macht in der Region und an der eurasischen Bruchlinie ausüben und seinen Status als Weltmacht erhalten konnte.49

Russland und der Westen: 1991 bis 1999

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Auflösung des Warschauer Pakts standen die Europäische Union und das NATO-Bündnis vor der Entscheidung über die strategische Erweiterung nach Osten und ihr Verhältnis zu Russland. Sehr schnell wurden die Grundzüge der Politik festgelegt.

Als im Jahr 1990 die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten bevorstand, fanden intensive Verhandlungen über den Abzug der russischen Truppen aus Ostdeutschland statt, die dort im Rahmen eines Abkommens der Alliierten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stationiert worden waren. Die Historikerin Mary Elise Sarotte beschreibt die Spannungen zwischen den führenden deutschen Politikern einerseits, die die Wiedervereinigung schnell über die Bühne bringen wollten, und den Hardlinern der US-Regierung, die strikt gegen jede Art der Zusicherung an Russland bezüglich einer NATO-Erweiterung waren.50 US-Außenminister James Baker versprach dem sowjetischen Staatschef Michael Gorbatschow mündlich, worauf die russische Führung seitdem immer wieder pocht, dass die NATO „nicht einen Zentimeter“ über die Ostgrenze der DDR hinausgehen werde.51 Bakers Versprechen wurde niemals schriftlich festgehalten und war in erster Linie taktisch motiviert, um die Wiedervereinigung Deutschlands und den Abzug der russischen Truppen nicht zu gefährden. Als Präsident George W. Bush mit der Frage konfrontiert wurde, ob die NATO sich zurückhalten werde, lautete seine Antwort: „Zur Hölle damit!“52

Von Beginn seiner Präsidentschaft im Jahr 1993 an glaubte Bill Clinton, dass die strategische Bedeutung der NATO von ihrer Erweiterung abhing. Die USA verfolgten eine klassische „Eindämmungsstrategie“ (engl. containment), um zu verhindern, dass Russland eine Position erlangte, von der aus es die Hegemonie der USA und ihrer Verbündeten angreifen könnte. Anthony Lake, Sicherheitsberater der USA, sprach das offen aus: „Die Nachfolge der Eindämmungsdoktrin muss in der Strategie der Erweiterung bestehen.“53 Jelzin warnte daraufhin, dass Europa in einen „kalten Frieden“ stürzen könnte.54

Die Bedeutung der NATO beschränkte sich nun nicht mehr nur auf Europa, und ihr Aufgabenbereich wurde auf Out-of-area-Einsätze ausgedehnt. Nachdem britische und französische Streitkräfte an dem Zweiten Golfkrieg von 1991 teilgenommen hatten, erklärte NATO-Generalsekretär Manfred Wörner, das Bündnis sei „das Rückgrat der westlichen Fähigkeit, kollektiv mit den sich vervielfachenden Bedrohungen und Instabilitäten dieser neuen Zeit umzugehen“. In einem Bericht der Rand Corporation, eines militärischen Thinktanks, hieß es, dass die Zukunft der NATO entweder „out of area“ oder „out of business“ liege.55

Die NATO war auch das Instrument für die Aufrechterhaltung der Führungsposition der USA über die europäischen Mächte. Die Europäische Union war zu einem mächtigen, global agierenden Wirtschaftsblock aufgestiegen und für die USA war es wichtig, dass Europa keine unabhängige strategische Partnerschaft mit Russland einging, die in Widerstreit zu den US-amerikanischen Interessen geraten könnte.

Als im Jahr 1994 die NATO-Erweiterung voranschritt, lud der Nordatlantikrat, das Entscheidungsgremium der Organisation, europäische Nicht-NATO-Staaten ein, darunter auch Russland, ihrer „Partnerschaft für den Frieden“ (PfP) beizutreten. Im Jahr 1995 hatten alle osteuropäischen und die unabhängigen postsowjetischen Staaten unterzeichnet. Unter dem Deckmantel der Einbindung dieser Staaten stellte die PfP eine flexible Architektur zur NATO-Erweiterung dar, ohne die direkte Konfrontation mit Russlands einzugehen, während gleichzeitig ausgewählten Staaten der Weg zur Vollmitgliedschaft geebnet wurde.56 Schon im Jahr 1994 war der russische Außenminister Andrei Kosyrew überzeugt davon, dass die PfP nur geschaffen wurde, um Moskau über die NATO-Erweiterung zu täuschen.57

Bis Mitte der 1990er Jahre unterlagen die USA und auch Russland Zwängen, die sie an einer zu weitgehenden und zu schnellen Verschärfung der Spannungen hinderten. Da war zunächst die Gefahr der Weiterverbreitung von Atomwaffen. Die USA waren nicht bereit, die Existenz von drei neuen unabhängigen Atomwaffenstaaten entlang der eurasischen Bruchlinie zu dulden. Die USA übten gemeinsam mit Moskau Druck auf die Ukraine, auf Belarus und Kasachstan aus, ihre mit Atomsprengköpfen bestückten Raketen nach Russland zu überführen oder die Demontage unter russischer Aufsicht vorzunehmen. Die USA stellten sich gegen Drohungen der Ukraine, die Überführung der Raketen zu verzögern oder zu verweigern, um diese als Druckmittel zur Kontrolle der Schwarzmeerflotte und der Krim einsetzen zu können. In einem nationalen Sicherheitsbericht der USA wurde betont, dass eine mit Atomwaffen ausgestattete Ukraine „der Stabilität in der Region und dem gesamten in den letzten 25 Jahren ausgehandelten Rüstungskontrollregime einen potenziell katastrophalen Schlag versetzen würde“.58 Schließlich unterzeichneten die USA, Russland, Belarus, Kasachstan und die Ukraine im Jahr 1994 das Budapester Memorandum: Im Gegenzug für den Beitritt zu dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen enthielt es Sicherheitszusagen (aber keine Garantien). Ende 1996 waren alle ukrainischen Atomwaffen nach Russland verbracht worden.

Zweitens waren die USA und die EU sehr beunruhigt über die sich Anfang und Mitte der 1990er Jahre in den neuen unabhängigen Staaten entwickelnde Instabilität, und insbesondere über den Aufstieg islamistischer Bewegungen in Tschetschenien und Zentralasien. Deshalb mischten sie sich in die russischen Militäraktionen nicht ein.

Drittens sorgten die USA und ihre Verbündeten sich um die Stabilität von Jelzins Regime. Nach dem katastrophalen Zusammenbruch Anfang der 1990er Jahre wurde Jelzin von nationalistischen Kräften bedrängt, unter anderem den „Rot-Braunen“ von Gennadi Sjuganows Kommunistischer Partei und von Wladimir Schirinowskis faschistischer Partei, irreführenderweise Liberaldemokratische Partei genannt. Clinton stellte fest, dass Jelzin „kein Land mehr sah“ und „Freunde aus dem Ausland brauchte, weil er so viele Feinde im Inland hatte“.59

Während des Jahres 1993 befanden sich der Präsident und das neue russische Parlament, die Duma, in einer verfassungsrechtlichen Sackgasse. Die von Jelzins Gegnern beherrschte Duma weigerte sich, wichtige Ministerernennungen, Gesetze und eine neue Verfassung zu ratifizieren. Im Dezember entschloss Jelzin sich zum Angriff auf die russische Duma. Obwohl Jelzin sein Programm durchsetzen konnte, sank sein Beliebtheitsgrad auf nahe null. Sechs Monate vor der nächsten Präsidentenwahl waren gerade einmal 6 Prozent der Wählerschaft bereit, für den Amtsinhaber zu stimmen. Clinton wie sein Stellvertreter Al Gore versicherten Jelzin, vor der Wahl die NATO-Erweiterung ruhen zu lassen. Im März 1996 überzeugte Clinton den IWF, einem Kredit von 10 Milliarden Dollar zuzustimmen, um die monatelang nicht gezahlten Löhne von Millionen russischen Arbeitern zu begleichen und Sozialprogramme zu finanzieren.60 In einer bemerkenswerten Wende schlug Jelzin Sjuganow, den Herausforderer der Kommunistischen Partei, im zweiten Wahlgang mit 54 Prozent der Stimmen.61

Viertens waren die USA und ihre Verbündeten selbst in militärische Einsätze verwickelt. Im Jahr 1990 begannen die USA den ersten Golfkrieg, nachdem Irak Kuwait überfallen hatte, sie führten ein Bündnis aus 35 Ländern an. Ein Monat nach Beendigung dieses Kriegs im Jahr 1992 war Deutschland an der Auslösung des Kriegs in Jugoslawien beteiligt, wo die NATO im Jahr 1995 zum ersten Mal „out of area“ bombardierte, also außerhalb ihres Bereichs.

Und schließlich war der NATO-Beitritt keine reine Formsache, die Kosten wurden auf Milliarden Dollar geschätzt. Sarotte schrieb:

Die NATO war ein militärisches Bündnis, das von den Mitgliedern die Standardisierung ihrer Ausrüstung verlangte, die Ausbildung ihrer Soldaten und Beistand zur gegenseitigen Sicherheit. Nicht ausreichend vorbereitete Mitglieder zu früh in den Geltungsbereich von Artikel 5 aufzunehmen, würde das transatlantische Bündnis schwächen, was das Pentagon natürlich vermeiden wollte.62

Russland hatte seine eigenen Beschränkungen. Um die Wirtschaftskrise zu überwinden und die Hindernisse für die wirtschaftliche Entwicklung beiseitezuräumen, benötigte Russland Verbindungen zu Institutionen wie der Weltbank und dem IWF, die vom Westen kontrolliert werden, ebenso zu westlichen Regierungen und multinationalen Konzernen. Das Debakel des Überfalls auf Tschetschenien von 1994 bis 1996 hatte auch die Grenzen der militärischen Macht Russlands aufgezeigt. Zudem versuchten die auf den Westen orientierten Liberalen, auf die Jelzin sich bei seinen Wirtschaftsreformen und zur Aufnahme internationaler Beziehungen gestützt hatte, die Konfrontation mit dem Westen zu vermeiden.

Obwohl diese Beschränkungen für Russland und den Westen sehr real waren, intensivierte sich der schwelenden Konflikt und es war nur eine Frage der Zeit, wann er offen ausbrechen würde.

Ende des Jahres 1996 wurden die letzten Atomwaffen von der Ukraine, von Belarus und Kasachstan nach Russland gebracht. Ein unmittelbarer Sturz Jelzins war nicht mehr in Aussicht. Jelzin hatte einen Waffenstillstand in Tschetschenien erreicht, und die Konflikte an den Grenzen Russlands hatten an Intensität verloren. Damit war der Zeitpunkt für das Atlantische Bündnis gekommen, entscheidende Schritte zur Ausweitung seiner Hegemonie in Europa zu unternehmen.

Der Kosovokrieg von 1999 kennzeichnete das Ende der Ära des „sanften kalten Friedens“, wie der Politologe Richard Sakwa es nannte.63 Der von den USA angeführte Krieg traf zusammen mit der Ratifizierung der NATO-Mitgliedschaft von Ungarn, Polen und der Tschechischen Republik. Die Vorherrschaft der USA in Europa aus der Zeit des Kalten Kriegs erstreckte sich nun auf den Balkan und weiter nach Osten bis zur Grenze zwischen Polen und Russland.64 Der Kosovokrieg war seitens des wachsenden Bündnisses die Legitimation für Out-of-area-Einsätze unter der Fahne der „humanitären Intervention“, ohne Sanktionen der Vereinten Nationen und obwohl weder die USA noch ihre NATO-Verbündeten bedroht waren. Die Botschaft und die Lehren wurden in Moskau sehr wohl vernommen. Alexei Arbatow, Militäranalyst und führend in der russischen Sicherheitspolitik, erklärte: „Das militärische Vorgehen der NATO stellte die endgültige Demütigung Russlands dar, ihm wurde ,ins Gesicht gespucktʻ.“ Mehr denn je wurden so die westliche Arroganz der Macht und die Bereitschaft, die russischen Interessen zu ignorieren, demonstriert.“ Für Arbatow stellte der Kosovokrieg in internationalen Angelegenheiten den Schlusspunkt der Phase nach dem Kalten Krieg dar.65

Russland hatte lange Zeit die Bedeutung einer „multipolaren Welt“ betont. Dieser Begrifflichkeit lag der strategische Ansatz zugrunde, seitens der größten Imperialisten die Interessen des russischen Imperialismus anzuerkennen und gegenseitig die jeweiligen regionalen Hegemonieansprüche und globalen Interessen zu achten. Das sollte sich in „Sicherheitspartnerschaften“ und militärischer Zusammenarbeit manifestieren. Aus russischer Sicht zeigte der Kosovokrieg die Entschlossenheit der USA, als einzige Weltsupermacht ihre Interessen unter Abkehr von einer „multipolaren Welt“ durchzusetzen. Bestärkt darin wurde Russland durch den Einmarsch der USA und ihrer Verbündeter in Afghanistan und Irak und folgende militärische Interventionen im Nahen Osten.

Auf den Beitritt der Tschechischen Republik, Ungarns und Polens zur NATO folgten weitere Erweitungerungswellen. Bis zum Jahr 2020 waren 14 neue Länder dem Atlantischen Bündnis beigetreten, das damit immer näher an die Grenzen der ehemaligen Sowjetunion rückte. Der Kosovokrieg und die NATO-Erweiterung zeigten den Russen, dass die US-Strategie der „Eindämmung durch Erweiterung“ nun unwiderruflich war.

Der Weg zu Konfrontation und Krieg: 2000 bis 2022

Putin hatte Anfang der 1990er Jahre als Stellvertreter Anatoli Sobtschaks, Bürgermeister von Sankt Petersburg und führender Reformer, gedient. Dann ging er nach Moskau und arbeitete in der Regierung von Jelzin als Direktor des Sicherheitsdienstes (FSB) und Chef des Sicherheitsrats im Kosovokrieg. Jelzin ernannte ihn zu Beginn des zweiten Kriegs gegen Tschetschenien im August 1999 zum Ministerpräsidenten. Als Jelzin im Dezember 1999 zurücktrat, übernahm Putin das Amt des Präsidenten, bevor er sich zur Wahl stellte und im März 2000 die Präsidentschaftswahl gewann.

Putin kam zu einem Wendepunkt für den russischen Staat an die Macht. Als die Wirtschaftskrise im Jahr 1998 von Asien aus auf Russland übergriff, machte der Zusammenbruch des russischen Finanzmarkts den Anschein einer wirtschaftlichen Erholung zunichte. Im August 1998 standen 12,5 Milliarden Dollar an Lohnzahlungen aus. Profite flossen nicht mehr in Reinvestitionen, sondern es kam zu einer Kapitalflucht. Die monatlichen Zinszahlungen überstiegen die Steuereinkünfte um 40 Prozent.66

Der russische Staat war noch fragmentierter, das Machtzentrum verschob sich zu den 89 Regionen Russlands, die über beachtliche Kontrolle über Rohstoffe und Bodenschätze verfügten, ebenso wie über Bergbau- und Metallindustrien. Russlands mächtige Oligarchen, die ein riesiges Vermögen aus der Privatisierung und dem Verscherbeln von Staatsanlagen schöpften, verfolgten ihre eigenen Interessen, meist auf Kosten des Staats und der Volkswirtschaft.67

Die Krise der 1990er Jahre hatte verheerende Auswirkungen auf die militärische Schlagkraft. Von 1989 bis 1999 sank der russische Verteidigungshaushalt fast um den Faktor 7. Die Beschäftigtenzahl in Forschung und Entwicklung sank von 1,9 Millionen im Jahr 1990 auf 872.000 im Jahr 1999. Von 1990 bis 1997 wurde die Finanzierung von Fabriken und Ausrüstung um über 75 Prozent gekürzt.68

Der NATO-Krieg gegen Serbien legte das riesige Gefälle bezüglich der konventionellen Schlagkraft bloß. Das Arsenal an präzisionsgelenkten Waffen und Projektilen mit hoher Durchschlagskraft, Langstreckenraketen, Tarnkappenbombern und Kommunikationssystemen und die wiederbelebte Raumfahrt übertreffen alles, was Russlands Armee zu bieten hat. Russlands Militäranalysten haben berechnet, dass es 15 bis 20 Jahre dauern würde, diese Lücke zu schließen.69 Unterdessen war die Pattsituation bezüglich des Status von Tschetschenien eine ständige Erinnerung an Russlands Demütigung im Jahr 1996.

Putins anfänglicher Aufstieg wird häufig auf seine Verbindungen zum Geheimdienst und seiner Loyalität zur Familie Jelzin zurückgeführt. Ohne Zweifel hat ihm das genutzt, aber als Erklärung reicht das nicht. Als Direktor des FSB und nationaler Sicherheitsberater hat Putin mit dem stellvertretenden Außenminister der USA, Strobe Talbott, und dem US-amerikanischen Nationalen Sicherheitsrat während des Kosovokriegs verhandelt. Er war auch beteiligt an dem gescheiterten russischen Versuch der Teilung des Kosovos und der Verhinderung eines Erfolgs der NATO.70 Er wurde zwei Tage nach dem tschetschenischen Einmarsch in Dagestan zum Ministerpräsidenten ernannt; sein Vorgänger, Sergei Stepaschin, hatte gezögert, einen zweiten Krieg zu beginnen. Nach der Demütigung im ersten Krieg war die Führung des russischen Militär- und Sicherheitsapparats jedoch entschlossen, die festgefahrene Situation bezüglich Tschetschenien zu beenden und sich nach dem überwältigenden Sieg der NATO im Kosovo militärisch zu behaupten. Nur zwei Wochen nach Putins Ernennung begann Russland mit schweren Luftangriffen. Am 1. Oktober verkündete Putin einen Landkrieg und trieb tschetschenische Einheiten mit massiven, wahllosen Luftangriffen und schwerem Artilleriebeschuss in die Berge zurück.71

Zu Hause begann Putin mit der Schaffung eines autoritären Staats, was er als „vertikale Macht“ bezeichnete. Putin beschränkte die Befugnisse der Regionalgouverneure und ernannte präsidiale Sonderbeauftragte für sieben neu gegründete Föderalbezirke, die ganz Russland abdeckten. Im Jahr 2004 wurde die Direktwahl von Gouverneuren abgeschafft und Regionalpolitiker wurden von der Zentralregierung ernannt. Das war begleitet von der Verlagerung des Einflusses von Moskau zu den industrie- und rohstoffreichen Regionen.72

Vorrang hatte Russlands Öl-, Gas und Bergbauindustrie. Auf diese Industrien entfielen 70 Prozent der russischen Exporteinnahmen. Sie waren entscheidend für die Stabilität der industriellen „Monostädte“ Russlands, der städtischen Zentren, die von einem einzigen Industriesektor oder Unternehmen abhängig waren. Für Putin waren diese Staatsindustrien lebenswichtig. In seiner Diplomarbeit von 1996 über Rohstoffindustrien war Putin zu dem Ergebnis gekommen, dass der Rohstoffkomplex „die Grundlage für die militärische Stärke des Landes ist. […] Dieser ist eine Vorbedingung für die Modernisierung des militärisch-industriellen Komplexes und […] zur Entwicklung der erforderlichen strategischen Reserven und Potenziale.“73

Im Juli 2000 traf Putin sich mit den reichsten Oligarchen Russlands und informierte sie darüber, dass der Staat Abstand zu allen Unternehmen halten werde, solange die Wirtschaftsführer sich nicht in die Politik des Staats einmischten.74 Wer sich an diese „Regel“ hielt, konnte weiter Geschäfte machen. Wer nicht, wurde brutal enteignet, einige wurden aus Russland ausgewiesen und Michael Chodorkowski, Russlands reichster Industrieller, wurde zu zehn Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verurteilt.

Auch hier verlagerte sich der Einfluss auf den Staat zu denen, die Russlands strategische Industrien lenkten. Im Jahr 1997 waren die 10 reichsten Oligarchen mit Finanzen, Banken und Medien verbunden. Anfang der 2000er Jahre bezogen fast alle der 10 führenden Oligarchen ihren Reichtum aus der Metallindustrie oder aus Bodenschätzen. Im Jahr 2007 stammten nur noch 7 der 40 führenden Oligarchen aus Moskau.75

Diese Verlagerung entwickelte sich parallel zu der weltweiten Ölpreissteigerung. Im Jahr 1998 kostete Rohöl aus dem Ural 9 Dollar pro Barrel; im Jahr 2002 hatte sich der Preis mehr als verdoppelt. Im Jahr 2008 war er auf 138 Dollar gestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt stieg jährlich um durchschnittlich 7 Prozent und Steuereinnahmen füllten die Staatskassen. Das Realeinkommen stieg um fast 10 Prozent im Jahr und das Armutsniveau sank von 30 Prozent im Jahr 2000 auf unter 18 Prozent im Jahr 2004.76

Putins Maßnahmen stellten keinesfalls einen staatlichen Angriff auf die Interessen des Privatkapitals dar, und auch die neoliberale Politik wurde nicht aufgegeben. Die Unternehmen blieben überwiegend in Privathand; wo der Staat eine Mehrheit der Aktien hielt, so wie bei den Öl- und Gasgiganten Gazprom und Rosneft, konnten diese weiterhin als Privatunternehmen handeln. Im Jahr 2017 lagen nur 3 der obersten 10 multinationalen Konzerne zu 100 Prozent in Staatshand: die russische Eisenbahn, der Reedereigigant Sovcomflot und der Atomkonzern Rosatom.77

Trotz der Erholung von der Krise der 1990er Jahre konnte Russland seinen Rückstand in Bezug auf seine Position in der Welt nicht überwinden. Russlands Volkswirtschaft stützte sich überwiegend auf den Export von Öl, Gas und Rohstoffen und seine Industrie mühte sich, global mit dem technologischen Fortschritt zu konkurrieren oder Schritt zu halten.

Diese Unfähigkeit, seine Konkurrenz wirtschaftlich einzuholen, hatte wenig mit Schwächen der Wirtschaftspolitik und staatlichen Eingriffen zu tun. Russlands alternde Industrieinfrastruktur hatte die Möglichkeiten für profitable Investitionen beschränkt. Ausländische Direktinvestitionen (ADI) und Binneninvestitionen pro Kopf waren niedrig und konzentrierten sich überwiegend auf Rohstoffindustrien. Es gab einige bedeutende Investitionen in Nahrungsmittel und die Kommunikationstechnologie, aber diese konzentrierten sich auf Moskau.78 Die russischen ADI scheinen für eine „Transformationsökonomie“ hoch zu sein, aber das ist auf Round-Trip-Transaktionen (eine Art Ringtausch) zurückzuführen: Profite aus russischen Unternehmen werden in Offshore-Steuerparadiese verschoben, um die Steuerzahlung zu umgehen, bevor sie wieder im Inland investiert werden. Deshalb ist ausgerechnet Zypern Empfänger der umfangreichsten russischen ADI.79

Ein Vergleich mit dem Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft wirft ein Schlaglicht auf das russische Dilemma. Als China die Industrialisierung einleitete und sich für die Weltwirtschaft öffnete, hatte es wesentliche Vorteile: Ausgehend von einem niedrigen industriellen Niveau hatte China nicht so sehr an einer veralteten Industrieinfrastruktur zu tragen. Während die russische Ökonomie litt, konnte China genügend Investitionen anziehen, um neue Kapitalakkumulationszentren an seiner Küste zu schaffen, die als globaler Umschlagpatz für die Warenproduktion dienen. China konnte im Gegensatz zu Russland auch auf ein riesiges Reservoir an Arbeitskräften zurückgreifen. Im Jahr 1978 lebten in Russland 31 Prozent auf dem Land, in China 82 Prozent; im Jahr 2020 waren es 25 beziehungsweise 38,5 Prozent. Zudem ist Russlands Bevölkerungszahl gleich geblieben, während Chinas Bevölkerungszahl um 50 Prozent gestiegen ist.

Im Jahr 1993 lagen das russische BIP mit 435 Milliarden Dollar und das chinesische mit 444 Milliarden Dollar fast gleichauf (das der USA betrug 6,8 Billionen). Im Jahr 2020 betrug das russische BIP knapp 1,5 Billiarden Dollar, das Chinas war mit 14,7 Billiarden fast zehnmal höher. Im Jahr 220 investierte China im Ausland 110 Milliarden Dollar, Russland nur 6 Milliarden.

Grafik 3: US-amerikanische Militärausgaben (in Milliarden nach derzeitigem US-$-Kurs)

Solange die russische Wirtschaft auf einem Strom steigender Energieeinnahmen schwamm, stieg auch der Lebensstandard, der Lohnrückstand wurde beglichen und es flossen Mittel in den Staatshaushalt, die die Reformierung und Modernisierung des Militärs ermöglichten. Putins „vertikale Macht“ trug dazu bei, dem nationalen Staatsapparat wieder Richtung und Kohärenz zu geben, während Demokratie und politische Freiheiten unterdrückt wurden. Putins Autorität wurde von weiten Teilen der herrschenden Klasse Russlands gestärkt, insbesondere aus den lebenswichtigen Sektoren Energie und Rohstoffe sowie aus dem riesigen Netzwerk von Industriemanagern, Regions- und Staatsbossen, die ihre eigene Macht daraus bezogen.

Zentralasien ist ein gutes Beispiel für die Beziehung zwischen Russlands geopolitischer Vorherrschaft, dem Staat und dem Kapital. Im Jahr 2008 schlug die Europäische Kommission die Schaffung eines „Südkorridors“ für Energiepipelines vor, ausgehend von Aserbaidschan unter Umgehung des russischen Territoriums. Damit sollten Lieferwege von Kasachstan und Turkmenistan über das Kaspische Meer bis nach Europa geöffnet werden. Da Kasachstan und Turkmenistan jedoch östlich des Kaspischen Meers liegen, konnten Russland und Iran, die ebenfalls an das Kaspische Meer angrenzen, gemeinsam Veto gegen den Pipelinebau einlegen und den Südkorridor auf diese Weise auf Lieferungen aus Aserbaidschan beschränken. Im Jahr 2019 strömten lediglich 10 Milliarden Kubikmeter über den Südkorridor nach Europa im Vergleich zu rund 163 Milliarden Kubikmetern über russische Pipelines.80
Putin sicherte sich auch die Unterstützung der russischen Armee, anfangs für seine Aufgabe im Kosovokrieg und in dem blutigen zweiten Krieg gegen Tschetschenien. Langfristig bedeutsamer war jedoch, wie er auf die Folgen des NATO-Kriegs im Kosovo und die erste Expansionsrunde der NATO reagierte. Putin war maßgeblich an der Ausarbeitung der neuen russischen Militärdoktrin beteiligt, die Anfang 2000 im Gefolge des Kosovokrieges unterzeichnet wurde. Diese Doktrin spiegelte das strategische Denken der russischen Militärchefs wider, die nun den Westen als größte äußere Bedrohung betrachteten und „atomare Abschreckung“ sowie „Ersteinsatz“ von Atomwaffen als Säulen der russischen Sicherheit auch gegen die Bedrohung mit konventioneller Kriegsführung betonten.81 Ein Konzept der „Eskalation, um zu deeskalieren“, ging nun in die russische Militärstrategie ein, dessen Logik darin besteht, notfalls „taktische“ Atomwaffen einzusetzen, um konventionelle Streitkräfte zum Rückzug zu zwingen.

Russlands Energie- und Rohstoffgrundlage reichte jedoch immer noch nicht aus, um das riesige wirtschaftliche und militärische Machtgefälle sowohl zur NATO als auch zu China zu überwinden. Das russische Bruttoinlandsprodukt betrug etwa 3 Prozent des der USA. Die Militärausgaben Russlands waren nur ein Bruchteil derer der USA und waren deutlich geringer als die Chinas. Dadurch war der Druck auf den russischen Staat, seine regionale Vorherrschaft abzusichern, um so größer und ließ die Staaten an der eurasischen Bruchlinie um so mehr in den Mittelpunkt des Interesses Russlands rücken. Die russische Führung betrachtet deshalb jede Form von „Regimewechsel“, der zur Ablösung der postsowjetischen Staaten von Russlands und zu engeren Beziehungen mit dem Westen und dem Atlantischen Bündnis führen könnte, äußerst feindselig.

Russland, die NATO und die EU

Die NATO-Osterweiterung und die neue „Eindämmung“ hatten nicht nur geopolitische Implikationen, sondern auch ökonomische. Russlands Machtanspruch auf die postsowjetischen Staaten war nicht einfach eine Frage der Vormachtstellung um ihrer selbst willen. Russland versuchte, aus den ökonomischen und militärischen Beschränkungen seiner Entwicklung als imperialistische Macht auszubrechen.

In den 1990er Jahren und Anfang der 2000er setzte Russland auf eine neue Ausrichtung zur Stärkung wirtschaftlicher Bindungen und Beziehungen zwischen ihm und Europa sogar bis hin zu einem militärischen Bündnis. Faktisch ging es um ein eurasisches Projekt, um Europa von den USA abzukoppeln.82 Dazu hätte es jedoch der Abwendung Europas von oder gar eines Bruchs mit dem Atlantischen Bündnis bedurft, was aber weder die USA noch Europa in Betracht zogen und worauf Russland auch keinen Einfluss nehmen konnte.83

Im Jahr 1994, zum 50. Jahrestag der Landung in der Normandie, schrieb der ehemalige US-amerikanische Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski:

Die Zugehörigkeit zu Europa und der NATO ist nicht zu vereinbaren mit der Verfolgung eines eigenen eurasischen Wegs und dem Versuch, als globales Gegengewicht zu den USA zu operieren. Leider lässt sich diese Frage nicht durch eine einfache Entscheidung regeln. Wesentlich ist, dass Russland zu groß, zu rückständig und potenziell zu mächtig ist, um einfach als weiteres Mitglied der Europäischen Union oder der NATO aufgenommen zu werden. Es würde den westlichen Charakter der europäischen Gemeinschaft und die amerikanische Vormachtstellung innerhalb des Bündnisses verwässern.84

Die Erweiterung der NATO stellte also eine potenzielle Bedrohung für die Grenzen Russlands und seine regionale Vormachtstellung dar und versperrte ihm zugleich den Weg zu einer echten wirtschaftlichen Partnerschaft mit Europa, was Russland auf die Rolle des Rohstofflieferanten beschränkte. Russlands Eindämmung war somit geopolitischer wie wirtschaftlicher Natur. Die Erweiterungswelle der NATO im Jahr 2004 unter Einbeziehung der baltischen Staaten an Russlands Westflanke verfestigte die wachsenden Spannungen.

Der Rubikon wurde überschritten, als George W. Bush Georgien und die Ukraine auf dem NATO-Gipfeltreffen von Bukarest dazu einlud, dem Bündnis beizutreten. Damit wäre die NATO bis in das Herz des Kaukasus vorgerückt und hätte die eurasische Bruchlinie zwischen dem Kaspischen Meer und dem Schwarzen Meer überschritten. Im Jahr 2007 hatte George W. Bush bereits die Stationierung des Aegis-Ashore-Raketenabwehrsystems in Rumänien verkündet. Mit diesem hochentwickelten System hätten die USA die Fähigkeit zu einem atomaren Erstschlag erlangt. Die NATO behauptete, das System sollte zur Abwehr einer atomaren Bedrohung seitens Irans stationiert werden, nur verfügte Iran weder über Atomwaffen noch ballistische Langstreckenraketen. Ermutigt durch die anscheinende Unterstützung seitens Bushs und der NATO schickte Georgien Truppen in die abgespaltene Region Südossetien. Russland antwortete mit massiver Unterstützung der südossetischen Streitkräfte, fiel mit Truppen in Georgien ein und brachte der georgischen Regierung eine demütigende Niederlage bei.

Die Rivalitäten verschärften sich. Ein Jahr nach dem Krieg in Georgien gründete die Europäische Union die Östliche Partnerschaft (ÖP) und nahm sechs ehemalige Sowjetstaaten ins Visier: Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldawien und die Ukraine. Aus einem an die Öffentlichkeit gelangten Dokument geht hervor, dass mit der ÖP „Russlands Einfluss in Osteuropa entgegengewirkt“ und nach Wegen gesucht werden sollte, „den westlichen Einfluss jenseits der östlichen Grenzen der NATO zu stärken“.85 Die ÖP wurde durch bilaterale Beziehungen, Assoziierungsabkommen mit einzelnen Ländern und der Errichtung einer „vertieften und umfassenden Freihandelszone“ gestärkt.86 Sakwa schrieb dazu:

Die ÖP stellte eine weitere qualitative Veränderung dar, da sie ein explizites Element der geopolitischen Konkurrenz in die Beziehungen einführte. Der hohe Grad der Interaktion schloss zudem ÖP-Mitglieder von der Beteiligung an eurasischen Integrationsprojekten aus.

Die ÖP schuf auch ein Militärbündnis durch die Hintertür; der Vertrag von Lissabon von 2009 forderte von den Unterzeichnern des Abkommens, ihre Verteidigungs- und Sicherheitspolitik an die EU anzugleichen. Die ÖP und die Assoziierungsabkommen stellten somit eine qualitative Veränderung in der Konfrontation zwischen Russland und der NATO dar. Sie dienten dazu, Russlands geopolitische Dominanz an seinen Grenzen und seine ökonomischen Entwicklungsmöglichkeiten einzudämmen und zu schwächen. Laut Sakwa stellte das Vordringen der EU einen Rückschlag für Putins Bestrebungen dar, „eine von Russland dominierte Sphäre in Eurasien zu schaffen, die sich im globalen geopolitischen Kampf mit Amerika und China behaupten könnte“.87

In den 1990er und 2000er Jahren unterbreitete Russland eine Reihe von Vorschlägen für gegenseitige europaweite und paneurasische Abkommen. Alle wurden unmissverständlich von den USA abgelehnt, weil sie einen Keil in das Atlantische Bündnis getrieben hätten. Russland verbarg seine Absichten auch keineswegs, sondern erklärte, die Zeit für die NATO- und die einseitige Vorherrschaft der USA sei vorbei.

Viele Autoren der „realistischen“ Schule, wie John Mearsheimer, Anatol Lieven und Dmitri Trenin – so wie auch Sakwa und Sarotte –, betonten zu Recht die fortschreitende Expansion der NATO, die Weigerung, die Folgen für Russland zu berücksichtigen, und dass am Ende eine rote Linie gezogen werden würde. Das wurde im Jahr 1997 von dem Architekten der US-amerikanischen Kalte-Kriegs-Politik der „Eindämmung“, dem US-Diplomaten George Kennan, unterstrichen, der die NATO-Ausdehnung als einen „verhängnisvollen Fehler“ bezeichnete.88 Die Schlussfolgerung dieser Autoren lautete, dass ein Zusammenstoß der Großmächte hätte vermieden werden können, wenn auf andere diplomatische und politische Mittel gesetzt worden wäre.

Hier wird unterstellt, dass es eine Art von „rationalem“ Imperialismus geben könne: Nähmen konkurrierende Mächte auf die jeweils anderen Interessen Rücksicht, könnten Konflikte verhandelt und vermieden werden. Doch auch wenn es Handlungsfreiheit und Spielraum für unterschiedliche Entscheidungen gibt, ist die imperialistische Konkurrenz im System angelegt und kann nicht einfach auf Grundlage einer „realistischen“ Anerkennung konkurrierender Interessen wegverhandelt werden. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren der Versuch Russlands, seine Hegemonie über die neuen unabhängigen Staaten zu errichten, und die Erweiterung von EU und NATO die unvermeidliche Folge der fortgesetzten imperialistischen Konkurrenz.

Nach dem Jahr 2000 stieg der Verteidigungshaushalt Russlands im Verlauf von 9 Jahren um 20 Prozent. Russland nahm ein weiteres Programm für Rüstungsausgaben, Reformen und Modernisierung in Angriff und verfolgte es nach dem Krieg in Georgien umso nachdrücklicher.89 Die Rüstungsausgaben erreichten die Rekordhöhe von 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2015 und stiegen von 29 Milliarden Dollar im Jahr 2010 auf 91 Milliarden Dollar im Jahr 2014, fielen allerdings unter den Folgen der Sanktionen nach 2014 um 30 Prozent. Im Vergleich dazu betrug der Rüstungshaushalt der USA im Jahr 2016 573 Milliarden Dollar und der Chinas 135 Milliarden Dollar. Heute beträgt der Anteil der 28 NATO-Mitglieder an den jährlichen weltweiten Rüstungsausgaben in Höhe von 1,7 Billionen Dollar 70 Prozent.

Grafik 4: Bruttoinlandsprodukt (Billionen nach derzeitigem US-$-Kurs)


Die Beschränkungen für die Bruttorüstungsausgaben Russlands sprechen für sich. Im Jahr 2019 stellte das Institut für Strategische Studien des US Army War College in einer Analyse der militärischen Schwächen Russlands fest, dass die Heeresreformen auf der Führungsebene die Leistungsfähigkeit verbessert hätten, die Verringerung der Reserven jedoch dazu geführt habe, dass die russische Armee selbst im Falle eines regionalen Konflikts nur über eine geringe militärische Schlagkraft und unzureichende logistische und technologische Kapazitäten verfüge.90

Andererseits verwandelte sich der neokonservative Traum von einem „neuen amerikanischen Jahrhundert“, der den Triumphalismus und die Selbstüberschätzung der USA nach dem Kalten Krieg widerspiegelte, mit der Niederlage in Irak und dem Abzug aus Afghanistan in einen Albtraum. Unterdessen unterstreicht der Aufstieg Chinas als global agierende Wirtschaftsmacht den langsamen Niedergang der US-amerikanischen Vorherrschaft über den Welthandel. Deshalb sind die USA umso entschlossener, sich selbst und ihre Verbündeten in der NATO wie auch in der indopazifischen Region als Militärmacht zu behaupten.

In diesem Kontext ist der Krieg an der eurasischen Bruchlinie ausgebrochen und hat den Schrecken der russischen Invasion über die Ukraine gebracht. Die USA und die NATO versuchen nun ganz offen, Krieg als Mittel zur Behauptung der regionalen und globalen Vorherrschaft einzusetzen. Der ukrainische Widerstand ist in einem Krieg zwischen Imperialisten untergegangen. Wir treten ein in eine neue Zeit imperialistischer Konflikte, die potenziell sehr viel gefährlicher sind als alles, was wir seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt haben.

Schlussfolgerungen

Der Maidanaufstand von 2014 kam für die Regierung Janukowitsch, Russland und den Westen völlig überraschend. Die brutale Antwort des Regimes und die breite Verachtung für die korrupte Elite des Lands heizten die Revolte noch an. Als die neuen Machthaber der Ukraine sich der EU und der NATO zuwandten, wurde die Ukraine durch imperialistische Rivalitäten zerrissen.

Russland eroberte die Krim und unterstützte die Separatisten im Osten der Ukraine, um eine weitere Anbindung an den Westen zu verhindern. Das nach 2014 unterzeichnete Minsker Abkommen fror den Konflikt ein. Russland hoffte, seine Stellvertreter in den östlichen Separatistengebieten in die ukrainische Verfassungsstruktur einbinden zu können, um so eine Vetomöglichkeit zu erhalten. Kiew dagegen wollte vor einer Wiedereingliederung des Ostens seine eigene Staatsgewalt wieder herstellen. Dahinter stand die Frage, ob die Ukraine sich an der NATO und der EU orientieren würde oder an Russland. Diese Widersprüche, für die das Minsker Abkommen ein Ausdruck ist, waren durch verfassungsrechtliche Regelungen aber nicht zu lösen.91 Die schwachen östlichen Regionen blieben in einem rechtlichen Schwebezustand; die Kiewer Regierung bewegte sich weiter in die Umlaufbahn des Westens und lockerte die verbliebenen Bindungen an Russland. Trotz der geringen Aussicht auf NATO-Mitgliedschaft integrierte sich das Land wirtschaftlich und militärisch in Europas Strukturen. Die ukrainische Armee nahm an gemeinsamen Übungen und Ausbildungsmaßnahmen mit der NATO teil, die militärische Ausrüstung und die Streitkräfte wurden auf NATO-Standard gebracht und die Verfahren wurden dem Bündnis angepasst.92

Im Dezember 2021 traf sich CIA-Direktor William Burns mit Wladimir Putin in Moskau. In einem Interview mit der Financial Times wurde Burns gefragt, warum er nach dem Treffen glaube, dass Russland in die Ukraine einmarschieren werde. Seine Antwort war aufschlussreich: „Strategisch gesehen schien Putin der Auffassung zu sein, dass sich sein Zeitfenster zur Gestaltung der Orientierung der Ukraine schließe, denn aus seiner Sicht kann Russland ohne eine willfährige Ukraine keine Großmacht sein. […] Er meint, er kann es sich nicht leisten zu verlieren.“93

Putins giftiger großrussischer Chauvinismus, seine rücksichtslose Unterdrückung der Opposition und das patriotische Klima in Russland nähren das Kriegsfieber und erklären bis zu einem gewissen Grad auch das brutale Vorgehen bei der Invasion. Dieser Krieg wird aber nicht von einem Individuum geführt und er ist auch kein Produkt eines noch aus der Zeit der Zaren stammenden autoritären russischen Charakters.

Weder Russland noch die NATO wollen sich direkt gegenübertreten. Das würde zu einem Ausmaß an Zerstörung führen, das sich im Moment niemand wünscht. Die Ukraine zahlt einen schrecklichen Preis dafür. Der ukrainische Widerstand gegen die russische Invasion ist nun einem dem Wesen nach zwischenimperialistischen Krieg untergeordnet. Der politische Preis für die NATO-Waffen wird ein Gebietsabkommen sein, das von Washington, Moskau, Berlin und Paris ausgehandelt werden wird, nicht von Kiew.

Die USA und die NATO streben die langfristige strategische Niederlage Russlands an, nicht die Selbstbestimmung der Ukraine. Um dieses Ziel zu erreichen, schicken die USA auch eine Warnung an andere Staaten, insbesondere China. Russland vollständig aus der Ostukraine oder gar von der Krim zu vertreiben, würde das Überschreiten einer roten Linie bedeuten, was die USA wohl derzeit vermeiden wollen.

Moskau wird den Konflikt wahrscheinlich verschärfen, um eine strategische Niederlage dieses Ausmaßes zu verhindern, vielleicht bis hin zu dem Einsatz von taktischen Atomwaffen. Zwischen den europäischen Mächten gibt es Anzeichen der Uneinigkeit: Deutschland, Frankreich und Italien loten eine Lösung aus, um das Ausmaß der Konfrontation und die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs zu begrenzen. Polen und die Baltischen Staaten streben unterstützt von Großbritannien die totale Niederlage Russlands an.94

Wir können das Ergebnis des Kriegs in der Ukraine nicht vorhersagen. Zweierlei ist dennoch bereits klar: Erstens wird jede Lösung von den Interessen der konkurrierenden imperialistischen Mächte diktiert sein, nicht der Ukraine. Zweitens wird jede vorübergehende Lösung eben eine vorübergehende sein. Keins der imperialistischen Lager glaubt, sich einen Rückzug und das Eingeständnis der Niederlage leisten zu können. Wir sind in eine neue Zeit der imperialistischen Rivalität und einer eskalierenden, unvorhersehbaren und gefährlichen Konfrontation zwischen den imperialistischen Mächten der Welt eingetreten.

Die Antwort auf diese Gefahren muss eine Antikriegs- und Klassenbewegung sein gegen den imperialistischen Krieg und gegen unsere Herrscher, nur diese Bewegungen können letztendlich dazu beitragen, dass die Ukraine frei und unabhängig ist. Die Hindernisse und Herausforderungen sind dabei riesig. Deshalb ist es umso wichtiger und dringlicher, dass die internationale Linke sich mit ganzer Kraft dieser Aufgabe stellt.

Seit dem Ende der 1980er Jahre entstanden immer wieder Massenbewegungen in Russland und den neuen unabhängigen Staaten, gespeist aus der Verbitterung über die Krise und die Korruption der herrschenden Klasse. Zu häufig wurden solche Bewegungen in das eine oder andere Lager der rivalisierenden Imperialisten gezogen, da Teile der herrschenden Klasse sich im Namen der Massen gegenseitig zu verdrängen suchten. Dennoch gab es in den vergangenen zwei Jahren Aufstände in Belarus, Kirgisistan und Kasachstan. Diese Bewegungen von unten sind es, die die Imperialisten und die herrschenden Klassen letztlich fürchten. Wenn sich diese Bewegungen unabhängig von imperialistischen Rivalitäten und der herrschenden Klasse entwickeln, haben sie die Macht, die Regime gemäß ihren eigenen Interessen zu stürzen.

Dieser Antrieb zur Revolte kann mit neuer Kraft gegen die Schrecken des Kriegs entstehen, nicht nur an der eurasischen Bruchlinie, sondern in den Kernländern des Imperialismus. Die Aufgabe der internationalen Linken besteht darin, dieses Potenzial zu fördern, indem sie den Widerstand gegen unsere eigenen Regime und eine internationalistische Antikriegsbewegung aufbaut – gegen den russischen Überfall auf die Ukraine, gegen die NATO und gegen das System, das die Welt in den Krieg treibt.


Rob Ferguson ist Aktivist gegen Krieg und Rassismus. Er ist Mitglied der Socialist Workers Party und gehört dem nationalen Koordinationskomitee der Stop the War Coalition an. Für International Socialism und andere Publikationen verfasste er Artikel über die Ukraine und Russland. Er hat in der Kampagne zum Schutz der freien Meinungsäußerung zu Palästina mitgearbeitet und ist Verfasser der Broschüre „Antisemitism: The Far Right, Zionism and the Left“ (Bookmarks, 2018).


Anmerkungen

1 Ein Auszug aus diesem Artikel wurde auf Deutsch unter dem Titel „Russland, Imperialismus und die eurasische Bruchlinie“ veröffentlicht in: theorie21, Heft 9, Berlin 2022. Artikel aus sozialistischer Perspektive zu den verschiedenen Aspekten dieses Kriegs finden sich in: Socialist Worker (London). socialistworker.co.uk/tag/ukraine. Frühere Artikel in dieser Zeitschrift zur Ukraine siehe: Choonara (2022) und Ferguson (2014). Siehe auch: Tengely-Evans (2022).

2 Gramer/Detsch/Mackinnon (2022); Foy (2022); Bugos (2022); Roberts (2022).

3 Foy (2022).

4 Henley/Borger (2022).

5 Seligman (2022); Sevastopulo/Inagaki/Hille (2022); White House Briefing Room (2022); Kanno-Youngs/Bake (2022).

6 Congressional Research Service (2022); Kotkin (2022); Schuman (2022); Brands (2022); Kissinger (2022); McTague (2022).

7 Economist (2022).

8 Choonara (2022); Callinicos (2022); Achcar (2022 a); Achcar/Callinicos (2022); Kouvelakis (2022). Siehe auch die Antwort auf Stathis Kouvelakis in: Achcar (2022 b). Ein Artikel zur Unterstützung der NATO findet sich bei Mason (2022). Zwei Ansichten, die sich dagegen aussprechen, die NATO-Erweiterung als Faktor für die Invasion Russlands zu betrachten, finden sich in: Artiukh (2022) und Bilous (2022).

9 Stop the War Coalition (2022); German (2022).

10 International Socialist Tendency (2022).

11 Cliff (1996).

12 Cliff (1950).

13 Choonara (2022). Eine gründlichere Analyse findet sich bei: Callinicos (2009). Siehe auch: Harman (2003).

14 Diese Art von Argumentation findet sich bei: Yurchenko (2022); Achcar in der Debatte mit Callinicos (2022); Achcar (2022 b); Budraitskis (2022); Artiukh (2022); Bilous (2022).

15 Lenin (1960: 304) schrieb im Jahr 1915 über die Rivalitäten zwischen Deutschland und Großbritannien: „Das Eigenartige der Lage besteht darin, daß in diesem Krieg die Geschicke der Kolonien durch den Krieg auf dem Kontinent entschieden werden.“

16 Harvey (2005: 123–124); Ashman/Callinicos (2006).

17 Callinicos (2002, 2009).

18 Zit. n. Reddawa/Glinski (2001: 231). Zu dieser Zeit war Jelzin Präsident der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR), die nach Verabschiedung einer neuen Verfassung im Jahr 1993 in Russische Föderation umbenannt wurde.

19 Lieven (2001).

20 Lunze/Yurasova et al. (2015).

21 Brainerd (2021).

22 Reddaway/Glinski (2001: 2); Cohen (2000: 28–30). In diesen beiden Studien sehr unterschiedlicher Schulen werden die Rezepte der „Schocktherapie“ und ihre ruinösen Folgen einer schonungslosen Untersuchung unterzogen.

23 Siehe Harman/Zebrowski (1988). Zur Krise der staatskapitalistischen Volkswirtschaften siehe: Harman (1990, 2003).

24 Barnes (2006).

25 Cohen (2000: 72–73).

26 Harman (1991).

27 Callinicos (1991).

28 Stalin (1931).

29 Fukuyama (1992).

30 Hill/Jewett (1994).

31 Cohen (2000: 100). Laut der Monroe-Doktrin galt jede Einmischung in die politischen Angelegenheiten des amerikanischen Doppelkontinents durch ausländische Mächte als potenziell feindlicher Akt gegen die USA.

32 Curtis (1996).

33 United States Energy Information Administration (2022).

34 Siehe Zahlen auf: tradingeconomics.com/russia/exports.

35 Crouch (1995).

36 Sarotte (2021: 233).

37 Ferguson (2000).

38 Ferguson (2000).

39 Zu den Spaltungen in der ukrainischen Gesellschaft, die von dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine im Jahr 2014 herrühren, siehe Ferguson (2014).

40 Garnett (1997).

41 Hill/Jewett (1994: 66).

42 Hill/Jewett (1994: 71).

43 Hill/Jewett (1994: 77–78).

44 Perlez (1993).

45 Hill/Jewett (1994: 79).

46 Erlanger (1995).

47 Sherr (2010).

48 Balmforth (2010).

49 Hill/Jewett (1994: 66).

50 Sarotte (2021: 43–75).

51 Sarotte (2021: 1).

52 Sarotte (2021: 43–75).

53 Sarotte (2021: 165).

54 Sakwa (2017: 17); Cohen (2000: 104); Sherr (2003: 112).

55 Tuohy (1993).

56 Sherr (2003: 113–117).

57 Sarotte (2021: 187).

58 Sarotte (2021).

59 Sarotte (2021: 152).

60 Sarotte (2021: 206–207); Sakwa (2017: 79).

61 Treisman (1996). Jelzins Wahlerfolg war auch auf den Waffenstillstand in Tschetschenien und den Abzug der russischen Truppen zurückzuführen.

62 Siehe: Sarotte (2021: 75). Laut Artikel 5 des NATO-Vertrags wird „ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen“.

63 Sakwa (2017: 161–185).

64 Callinicos (2002).

65 Arbatov (2000).

66 Haynes (1999).

67 Haynes (2005); Wood (2018: 21–23). Diesen (2018: 592–593).

68 Schwartz (2019: 189).

69 Siehe Blank (2019). Russlands erstes TarnkappenMehrzweckkampfflugzeug (Stealth-Bomber), der Suchoi Su-57, wurde erst im Dezember 2020 in Dienst genommen.

70 Norris (2014); Seelye (1999).

71 BBC News (2000).

72 Wood (2018: 23).

73 Siehe die Übersetzung von Putins Dissertation in: Balzer (2006).

74 Wood (2018: 22).

75 Wood (2018: 23); Diesen (2018: 592–593).

76 Wood (2018: 14).

77 United Nations Conference on Trade and Development (2019).

78 United Nations Conference on Trade and Development (2003).

79 United Nations Conference on Trade and Development (2020).

80 European Commission (2020).

81 Sinovets/Renz (2015).

82 Karaganov (2018).

83 Trenin (2016: 1–20).

84 Brzezinski (1994).

85 Sakwa (2017: 140).

86 Assoziierungsabkommen sind zweiseitig geschlossene Verträge zwischen der EU und einem dritten Land.

87 Sakwa (2017: 140).

88 Kennan (1997).

89 Blank (2019: 267).

90 Gouré (2019).

91 Allan (2020).

92 Wezeman/Kuimova (2018: 5).

93 Burns (2022).

94 Ein solches Ergebnis lässt sich auch aus den Antworten des US-amerikanischen Außenministers Antony Blinken in einem Gespräch mit dem Magazin Foreign Affairs am 1. Juni 2022 heraushören.


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