Der Irrweg der Privilegientheorie

Issue: 142

Esme Choonara und Yuri Prasad

Zuerst auf Englisch erschienen in International Socialism 142—https://isj.org.uk/whats-wrong-with-privilege-theory/. Aus dem Englischen von Rosemarie Nünning.

Können Menschen, die selbst nicht unterdrückt sind, Teil des Kampfs für Befreiung sein? Sind alle Weißen mitschuldig an Rassismus oder können sie im Kampf für die Emanzipation der Schwarzen dazugehören? Können Homosexuelle und Transpersonen und Heterosexuelle wirklich vereint gegen Diskriminierung kämpfen? Können Männer Teil des Kampfs für Frauenrechte sein? Dies sind nur einige der Fragen, um die es bei der Diskussion über die Theorie von Privilegierung und Unterdrückung geht.

Wer sich für eine Welt ohne Unterdrückung einsetzt, teilt das Interesse an dem Kampf gegen Chauvinismus und Diskriminierung. Leute mit unterschiedlichen Ansichten über die Welt schließen sich zusammen, um jene zu verteidigen, die wegen ihrer „Rasse“,1 ihrer Nationalität, ihres Geschlechts, der geschlechtlichen Orientierung und so weiter angegriffen werden. Sie tun dies, weil sie empört sind über die Gewalttätigkeiten der Gesellschaft und weil sie begreifen, dass wir uns den starken Kräften, die die Vorurteile schüren, nur widersetzen können, wenn wir uns zusammentun. Doch hinter dieser Einheit verbergen sich wichtige Differenzen, die die Bewegung in verschiedene Richtungen führen können. Die Ursprünge und Funktionsweise der Unterdrückung, unsere Kampfmethoden und die von uns selbst gesetzten Ziele sind allesamt politische Fragen, zu denen Sozialistinnen und Sozialisten eigene Auffassungen haben.

Mit diesem Artikel wollen wir die Theorie der Privilegierung (kurz Privilegientheorie) und Konzepte der Intersektionalität (des Zusammenspiels mehrfacher Unterdrückungsarten), die den Kampf für Befreiung zunehmend beherrschen, kritisch beleuchten. Diese Ideen sind nicht neu, haben jedoch in den vergangenen Jahren an Einfluss gewonnen. Die Privilegientheorie hat ihren Ursprung in den USA, wo Akademiker, Ausbilder in kultureller, religiöser und sozialer Vielfalt (Diversity), Schriftstellerinnen und Schriftsteller und andere einen wachsenden Bestand an Studien, Unterrichtshilfen und persönlichen Erinnerungen hervorgebracht haben, mit denen die Privilegientheorie entwickelt wurde. In Großbritannien spiegeln sich diese Ideen eher in der Politik der Studierenden wider, sind an den Universitäten und bei Bloggern und Aktivistinnen verbreitet, sie haben aber auch Eingang in die Massenmedien gefunden, in die Kommentarspalten des Guardians und anderswo.

Unser Ausgangspunkt lautet, dass Sozialistinnen sich mit denen zusammenschließen sollten, die gegen Unterdrückung kämpfen, dass diesem Engagement aber nicht damit gedient ist, wenn wir mit theoretischen Differenzen hinter dem Berg halten. Deshalb wollen wir die Privilegien- und Intersektionalitätstheorie und ihre strategischen Implikationen aus marxistischer Sicht untersuchen, um zu zeigen, an welcher Stelle und warum wir Differenzen haben. Wir werden darlegen, dass die Privilegientheorie von der zur Bekämpfung von Unterdrückung benötigten gesellschaftlichen Solidarität wegführen kann, weil sie individuelle Beziehungen statt des kapitalistischen Unterdrückungssystems in den Mittelpunkt stellt.
Wir glauben, dass der Marxismus mit seinen Verdiensten in vielen verschiedenen Emanzipationsbewegungen und mit seiner rigorosen Analyse von Unterdrückungsmechanismen das wertvollste Werkzeug für all jene bleibt, die in einer Gesellschaft ohne Diskriminierung leben wollen.

Was besagt die Privilegientheorie?

Die Privilegientheorie besagt im Kern, dass Unterdrückung durch eine Reihe unverdienter Vorteile zugunsten jener wirkt, die von einer spezifischen Unterdrückung verschont bleiben. Alle Männer, alle Weißen, alle heterosexuellen Menschen haben also Privilegien, weil sie nicht Sexismus, Rassismus oder Homophobie/Transphobie ausgesetzt sind. Die Nutznießer dieser Privilegien mögen sich dessen überhaupt nicht bewusst sein, weshalb Vertreter der Privilegientheorie die Notwendigkeit betonen, „Privilegien sichtbar zu machen“2, Menschen zu sensibilisieren für unverdiente Vorteile, die sie für gegeben hinnehmen. Ebenso wenig entscheidet die Einzelperson, ob sie diese „Privilegien“ haben möchte oder nicht – diese werden automatisch aufgrund der „Rasse“, des Geschlechts, der Sexualität und so weiter des jeweiligen Menschen gewährt. So gesehen ist Klasse nur eine weitere Spaltung unter den unzähligen anderen unterdrückenden Spaltungen in der Gesellschaft.

Meist wird unterstellt, dass Privilegien auf psychologischer Ebene funktionieren, als unbewusste Voreingenommenheit (der deshalb nicht zu entkommen ist). Deshalb besteht die Praxis der Vertreter der Privilegientheorie vor allem darin, andere zu ermahnen, ihre „Privilegien zu reflektieren“ („check your privilege“) – mit anderen Worten wird unterstellt, dass die fraglichen Handlungen oder Ideen unmittelbares Resultat unbewusster Vorurteile aufgrund der „privilegierten Stellung“ einer Person sind.

Eine der einflussreichsten Pionierinnen der Privilegientheorie, die US-amerikanische Aktivistin Peggy McIntosh, beschrieb dies bekanntermaßen als „unsichtbaren Rucksack“. Mit Blick auf ihre eigene Position als weiße Frau schreibt sie:

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Privilegierung als Weiße [White Privilege] ein unsichtbares Paket unverdienten Vermögens ist, auf dessen Einlösung ich mich jeden Tag verlassen kann, was ich aber nicht wahrnehmen „soll“. Das Weißenprivileg ist wie ein unsichtbarer gewichtsloser Rucksack voll mit besonderen Vorräten, Karten, Ausweisen, Codebüchern, Visa, Kleidung, Werkzeugen und Blankoschecks.3

Sodann listet sie 46 Bereiche ihres Alltagslebens auf, in denen sie als weiße Frau im Gegensatz zu Schwarzen viele Dinge einfach für selbstverständlich halten kann. Auf der einen Ebene kann das als Untersuchung der Wirkungsweise von Rassismus auf das Alltagsleben betrachtet werden. Aber hinter dieser Beschreibung steht McIntoshs Erklärung der Funktionsweise von Rassismus und wie dieser am besten bekämpft werden kann. McIntosh äußert sich dazu klar und deutlich: „Die hier von mir beschriebenen Bedingungen führen dazu, dass bestimmte Gruppen systematisch überermächtigt werden. Solch ein Privileg verleiht ganz einfach Vorherrschaft, verleiht das Recht zu kontrollieren aufgrund der eigenen ,Rasse‘ oder des Geschlechts.“4

Indem mit der Privilegientheorie die Welt durch das Prisma der „unverdienten Vorteile“ betrachtet wird, spiegelt diese das Alltagsverständnis wider, wie Unterdrückung funktioniert: Männer verdienen im Durchschnitt tatsächlich mehr als Frauen; Weiße werden deutlich seltener als Schwarze und Menschen asiatischer Herkunft von der Polizei angehalten und durchsucht. Wenn wir jedoch verstehen wollen, wie Unterdrückung funktioniert, müssen wir unter die Oberfläche schauen und ergründen, wie und in wessen Interesse die Gesellschaft funktioniert. Wie schon Karl Marx sagte: „[…] alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen.“5

Die Privilegientheorie spiegelt auch auf vielfache Weise ältere Theorien wider, wer von Unterdrückung profitiert – zum Beispiel alle Männer von Frauenunterdrückung und alle weißen Menschen von Rassismus. Wer Privilegien besitze, dem nütze die Unterdrückung anderer geradezu automatisch, und sie seien auch darin verstrickt. Privilegientheoretiker und Diversityberater Frances Kendall behauptet zum Beispiel: „Alle von uns, die ,Rassen‘-Privilegien besitzen, was auf fast alle Weißen zutrifft, und die deshalb auch über die Macht verfügen, unsere Vorurteile in Gesetzesform zu gießen, sind per Definition rassistisch, denn wir profitieren von einem rassistischen System.“6

Das ist eine sehr pessimistische und uns entwaffnende Theorie: Wir Einzelnen können unseren Vorurteilen und ihrer Funktion in der Unterdrückung anderer nicht entrinnen. Bestenfalls können wir unter solchen Bedingungen auf erhöhte Selbsterkenntnis hoffen und die schlimmsten Formen individuell unterdrückenden Verhaltens abschwächen, um akzeptable Verbündete jener zu werden, die Unterdrückung erfahren, auch wenn unklar bleibt, zu welchem Zweck wir das tun.

Wenn wir erst einmal diesen Bezugsrahmen akzeptieren, Ungleichheit in der Gesellschaft als ein Privileg zu begreifen, dann kann das Konzept selbst sehr ungenau werden. Während also viele Anhänger der Privilegientheorie eindeutige Fragen der Unterdrückung wie Rassismus, Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Sexualität oder wegen körperlicher Beeinträchtigung in den Blick nehmen, dehnen andere dieses Konzept auf fast jedes gesellschaftliche Phänomen aus. Das Transformative Justice Law Project Illinois zum Beispiel führt viele Arten Privilegien auf, die Aktivisten „checken“ sollten, auch Bildungsprivileg, Körpergrößenprivileg, das Privileg „draußen“ zu leben (nicht im Knast) und das „Privileg, als Angehörige einer privilegierteren Gruppe durchzugehen – zum Beispiel, wenn hellhäutige ,Farbige‘ als Weiße durchgehen können“.7

Mit diesem Ansatz werden Symptome mit Problemen verwechselt. Ungleichheit und Vorurteile über Körpergröße sind keine Faktoren, die unabhängig voneinander existieren, sie sind die unmittelbare Folge von Sexismus und der Vorstellungen von Geschlecht. Ebenso sind die großen Ungleichheiten bezüglich der Wahrscheinlichkeit, im Gefängnis zu landen oder Bildung zu erwerben, Folge von Rassismus und gesellschaftlicher Ungleichheit. Eine Liste von „Privilegien“ auf diese Weise abzuspulen, heißt lediglich, das Bestehen einer Gesellschaft der Ungleichheit festzustellen – es hilft uns aber nicht, diese zu verstehen oder zu bekämpfen. Faktisch wird die Anerkennung von Ungleichheit zum Selbstzweck.

Woher kommt die Privilegientheorie?

Die Privilegientheorie stützt sich auf den Theorierahmen der Identitätspolitik, von der die Linke in den 1980er und 1990er Jahren beherrscht war. Diese Politik spiegelte die Zersplitterung der sozialen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre wider und den politischen Pessimismus der Jahre Margaret Thatchers in Großbritannien und Ronald Reagans in den USA. In Großbritannien bedeutete dies eine Verlagerung der Kämpfe gegen die Staatsmacht hin zu dem Bemühen, sich dem Staat anzupassen oder sich zunehmend auf Lifestyle- oder Identitätspolitik zurückzuziehen und Staat und Fragen struktureller Ungleichheit gleich ganz zu ignorieren. In vielen Fällen ermutigte der Staat sogar solch eine Fragmentierung – zumindest in Großbritannien – durch die getrennte Finanzierung „ethnischer“ Projekte.8 Vertreter der Identitätspolitik sagen im Grunde, dass nur jene, die eine bestimmte Erfahrung machen, diese auch wirklich verstehen beziehungsweise zuverlässige Verbündete im Kampf dagegen sein können. Die Privilegientheorie akzeptiert diese Prämisse weitgehend, ist zugleich aber auch die Kehrseite dessen, weil sie nicht die Unterdrückten in den Blick nimmt, sondern den angeblich „privilegierten“ Unterdrücker.

Das theoretische Rückgrat der Identitätspolitik bildet der Aufstieg der postmarxistischen und postmodernistischen Theorien in der akademischen Welt.9 Dieser Bruch mit dem Marxismus wurde damit begründet, dass die Zeit der „großen Erzählungen“ vorüber sei – der Versuch, die Welt als Ganzes zu verstehen. Die Betonung lag jetzt auf Unsicherheit, Unbestimmtheit und dem vielfachen und zersplitterten Charakter der Realität. Der Postmodernismus spiegelte die Politik einer Generation von Aktivistinnen und Akademikern wider, die von der Niederlage der 1968er Massenbewegungen entmutigt waren, und auch den allgemeinen Pessimismus einer Ära, in der Francis Fukuyama bekanntermaßen verkünden konnte, dass der Triumph des liberalen Kapitalismus das „Ende der Geschichte“ signalisiere.10

Seit den 1990er Jahren hat sich das politische Terrain wieder deutlich verändert: Die Schlacht von Seattle im November 1999 anlässlich der Konferenz der Welthandelsorganisation dort leitete symbolisch eine neue Ära radikaler Politik ein, die gekennzeichnet war von einem erneuten Bestreben nach Verallgemeinerung und nach Einheit statt Fragmentierung.

Seit Seattle sind nun vierzehn Jahre vergangen und wir befinden uns seit mehr als fünf Jahren in einer tiefen kapitalistischen Krise und damit verbundener Sparpolitik, was Fragen danach aufwirft, wie der Kapitalismus funktioniert und in wessen Interesse. Aber trotz des Aufstiegs großer sozialer Bewegungen weltweit bleibt die organisierte Arbeiterklasse in den meisten Kämpfen eine Randerscheinung. Deshalb bleibt die Argumentation von Marxistinnen bezüglich der entscheidenden Rolle der Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter zur Herbeiführung des gesellschaftlichen Wandels vielen Aktiven verschlossen.

Der grundlegende theoretische und politische Rahmen, von dem sowohl die Linken an den Universitäten als auch die Bewegungen gegen Unterdrückung geprägt wurden, hat sich trotz des Aufschwungs sozialer Bewegungen und eines begrenzten Wiederauflebens des Interesses an marxistischer Ökonomie nicht wesentlich verändert. Wie Colin Wilson in dieser Zeitschrift im Jahr 2011 in Bezug auf die LGBT-Politik (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) erklärt hat, waren die Bewegungen seit Seattle „gekennzeichnet von dem Bestreben nach Einheit und der ausdrücklichen Zurückweisung zum Beispiel der Identitätspolitik der 1980er Jahre und ihres entzweienden Moralismus. Gleichzeitig ist noch keine politische Alternative an die Stelle der Identitätspolitik als Grundlage für den Bewegungsaufbau getreten.“11 Dadurch entsteht eine widersprüchliche und instabile Lage. Es stimmt zwar, dass heute der wachsende Wunsch nach Einheit und die Gelegenheiten zur Verallgemeinerung der Kämpfe weiterbestehen, aber der Aufschwung der Privilegientheorie als einer auf dem „Alltagswissen“ beruhenden Sichtweise der Unterdrückung birgt die Gefahr, dass ein Teil des spaltenden Moralismus, den wir hinter uns gelassen zu haben hofften, wieder auflebt.

Macht und Privileg

Viele Kernideen der Privilegientheorie spiegeln direkt oder indirekt die Ideen des Postmarxismus wider, der der Identitätspolitik solch einen Aufschwung bescherte. Die Postmarxisten lehnten den Bezug des klassischen Marxismus auf Klasse und Klassenkampf als einer entscheidenden Triebkraft der Geschichte und auf die Arbeiterklasse als Agent des gesellschaftlichen Wandels ab. Einflussreiche Autorinnen und Autoren wie Ernesto Laclau und Chantal Mouffe vertraten ausdrücklich die Auffassung, dass die Linke den Klassenansatz als reduktionistisch verwerfen sollte, wobei sie eine höchst verzerrte Version des Marxismus heraufbeschworen, um ihr Argument zu untermauern.12 Für sie war der Aufstieg der gesellschaftlichen Bewegungen gestützt auf Identität die Grundlage einer neuen radikalen Politik, die den Versuch zurückwies, die „Totalität“ zu erklären, und stattdessen „Teildiskurse“ und Subjektivität in den Mittelpunkt stellten. Deshalb ist für Laclau und Mouffe die Gesellschaft in „verschiedene Subjektpositionen“ und „diverse Antagonismen und Bruchpunkte“ aufgespalten, die „nicht auf einen Punkt zurückgeführt werden können, von dem sie alle durch einen einzigen Diskurs umfangen und erklärt werden können“.13 Mit anderen Worten, es sei falsch und fruchtlos, sich um ein Verständnis zu bemühen, wie die verschiedenen Formen der Unterdrückung sich in ein größeres Bild von der Funktionsweise der Gesellschaft einfügen.

Während Laclau und Mouffe die theoretische Grundlage der Identitätspolitik der 1980er schufen, hatte ein weiterer Postmarxist, der französische Theoretiker Michel Foucault, mit seinen Ideen wohl den nachhaltigsten Einfluss auf Debatten über Macht und Unterdrückung. Foucault ist in vielerlei Hinsicht ein komplexerer und widersprüchlicherer Theoretiker als Laclau oder Mouffe es sind. Seine Schriften über die gesellschaftliche Konstruktion der Sexualität zum Beispiel geben wichtige Denkanstöße und grundieren einen Großteil der heutigen Theorie zur LGBT-Unterdrückung.14 Er teilt jedoch mit Laclau und Mouffe die Ablehnung des Versuchs, die Gesellschaft als eine Totalität zu begreifen.

Foucaults spezifisches Konzept von Macht hat großen Einfluss auf Theoretikerinnen und Aktive, die sich mit der Frage der Unterdrückung auseinandersetzen. Sein Kernargument, „Macht ist überall“, ist allgegenwärtig. Alex Callinicos fasst Foucaults Theorie wie folgt zusammen:

Macht wird nicht als etwas Einheitliches gesehen, sondern als eine Vielfalt von Beziehungen, die den gesamten Gesellschaftskörper durchdringen. Folglich kann der ökonomischen Basis kein kausaler Vorrang eingeräumt werden, wie es im Marxismus der Fall ist. Zudem ist Macht produktiv: Sie wirkt nicht durch Unterdrückung von Individuen […], sondern indem sie sie schafft. […] Schließlich ruft Macht notwendigerweise Widerstand hervor, wenn auch so bruchstückhaft und dezentralisiert wie die von ihm angegriffenen Machtverhältnisse.15

Was heißt das? Das heißt, Macht ist nicht etwas, das einige Menschen besitzen und andere nicht. Laut Foucault ist sie nicht in den Händen einer kapitalistischen Klasse oder des Staats konzentriert, wie es die marxistische Tradition vertritt, sondern sie durchdringt die ganze Gesellschaft und prägt deshalb alle gesellschaftlichen und persönlichen Beziehungen. Das hat natürlich Auswirkungen darauf, wie Ungerechtigkeit und Ungleichheit verstanden und angefochten werden können.

Foucault begründet ausführlich, dass Macht nicht bei der herrschenden Klasse oder dem Staat liegt: „Weder die regierende Kaste, noch die Gruppen, die die Staatsapparate kontrollieren, noch diejenigen, die die wichtigsten ökonomischen Entscheidungen treffen, haben das gesamte Macht- und damit Funktionsnetz einer Gesellschaft in der Hand.“ Er argumentiert weiter, dass es eine „Vielfalt von Widerstandspunkten“ gibt, weshalb es „nicht den einen Ort der Großen Weigerung – die Seele der Revolte, den Brennpunkt aller Rebellionen, das reine Gesetz des Revolutionärs [gibt]. Sondern es gibt einzelne Widerstände […], die nur im strategischen Feld der Machtbeziehungen existieren können.“16

Diese Sichtweise prägt die in der Privilegientheorie verbreitete Vorstellung, dass jedes Individuum unausweichlich Teil einer Vielzahl von Unterdrückungsbeziehungen ist – was Patricia Hill Collins eine „Matrix der Herrschaft“ nennt. Collins ist vor allem bekannt für ihre Schriften über Intersektionalität und Schwarzen Feminismus, worauf wir später zurückkommen werden. Während sie hier und da postmodernistischen Konzepten der Unterdrückung kritisch gegenübersteht, umfasst ihre Theorie der Macht auch Vorstellungen von individuellen Privilegien und zwischenmenschlicher Herrschaft und sie argumentiert, dass „jeder von uns unterschiedlich viele Nachteile und Privilegien aus den vielfältigen Systemen der Unterdrückung bezieht, die unser Leben bestimmen“.17

Wer sich mit dem Material zur Privilegientheorie befasst, wird verblüfft sein über die starke Konzentration auf das Individuelle – die vielen Geständnisse der „Privilegierten“, in denen sie beschreiben, wie sie mit ihren Privilegien zu Rande kommen,18 oder die Ermahnung anderer, ihre Privilegien „zu checken“. Doch trotz der Konzentration auf den persönlichen Wandel erkennen die meisten Privilegientheoretikerinnen an, dass hinter den Privilegien, die den Einzelnen angeblich verliehen werden, größere und strukturelle Ungleichheiten liegen. Michael Kimmel zum Beispiel meint, dass individuelle Lösungen nicht ausreichen: „Ungleichheit ist strukturell und systematisch ebenso wie individuell und haltungsbedingt. Um Ungleichheit zu beseitigen, bedarf es mehr als der Änderung persönlicher Einstellungen.“19

Nun ist es zwar richtig festzustellen, dass strukturelle und systemische Ungleichheiten bestehen, es stellt sich jedoch die Frage, warum das so ist. Wenn wir davon ausgehen, dass strukturelle Ungleichheiten und Unterdrückungssysteme nicht im Wirtschaftssystem des Kapitalismus oder bezüglich Frauenunterdrückung allgemein in der Klassengesellschaft verwurzelt sind, dann können diese systemischen Ungleichheiten als autonome Herrschaftssphären erscheinen. Entweder bedeutet das, dass diese Unterdrückungen uralt sind und ein unvermeidliches Produkt der Differenz – Männer werden immer sexistisch sein, weil sie Männer sind, und so weiter –, oder es bedeutet, dass diese Frage einfach ignoriert wird.

Einige Theoretikerinnen und Theoretiker unternehmen sehr wohl den Versuch, die historischen und wirtschaftlichen Wurzeln der Unterdrückung insbesondere in Bezug auf Rassismus aufzuspüren. Der einflussreiche US-Schriftsteller Tim Wise zum Beispiel geht davon aus, dass der Ursprung des Rassismus mit Kapitalismus und Sklaverei zusammenhängt.20 Er meint jedoch, dass der Rassismus nach der Sklaverei so tief verankert gewesen sei, dass „weißer Rassismus jetzt einen Autopiloteffekt annehmen kann“, in dem Rassismus nicht wegen der Bedürfnisse der herrschenden Eliten und des Kapitals aufrechterhalten wird, sondern durch Weiße an sich.21 Rassismus als Machtstruktur löst sich somit von Kapitalismus. Mit dieser Argumentation folgt Wise in vieler Hinsicht dem US-Theoretiker David Roediger, dessen Schriften über „Rasse“ hinsichtlich des „Weißseins“ und der Privilegien sehr einflussreich sind. Roedigers Theorie stellt eine ernsthafte Herausforderung an die marxistische Theorie dar, und seine Ideen untersetzen einen Großteil der Privilegientheorie, weshalb wir auf seine Position näher eingehen wollen.

Der Lohn des Weißseins

Die Theorie vom Weißsein beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie das Konzept „weiße“ Menschen als getrennte Identität aufkam und welche Implikationen diese Kategorisierung seitdem mit sich brachte. Die Geschichte wird neu zu bewerten versucht, indem untersucht wird, wie diese durch „weiße Identität“ und „weiße Privilegien“ geprägt wurde. Gleichzeitig wird gefragt, wie „weiß“ heute synonym mit „normal“ werden konnte und „nicht weiß“ den Status des „anderen“ erhielt. Viele Anhänger dieser Theorie teilen mit Marxistinnen das Verständnis darüber, wie Konzepte „rassischer“ Überlegenheit gesellschaftlich konstruiert wurden, um Diskriminierung und Sklaverei zu rechtfertigen. Während Marxisten jedoch begreifen, dass alle Bewusstseinsformen in dem gesellschaftlichen Sein wurzeln, und dass Rassismus wie alle Ideologien durch eine materielle Realität strukturiert wird, glauben viele Theoretiker des Weißseins, dass Rassismus weitgehend frei von solchen Beschränkungen sei. Als psychokulturelles Phänomen funktioniere Rassismus vollständig unabhängig von dem System, und jede Vorstellung davon, dass die herrschende Klasse eine besondere Rolle bei dessen Aufrechterhaltung und Entwicklung gespielt hat, wird als grober ökonomischer Determinismus verworfen.

David Roediger, der vermutlich einflussreichste Theoretiker in diesem Wissenschaftszweig, sagt, dass „der Großteil des Schrifttums der weißen Marxisten in den Vereinigten Staaten das Weißsein ,naturalisiert‘ und ,Rasse‘ grob vereinfacht“ habe.22 Und um jeden Zweifel auszuräumen betont er:

Die Tatsache, dass Rasse gänzlich ideologisch und historisch geschaffen ist, während Klasse nicht gänzlich so geschaffen wurde, wird oft heruntergebrochen auf die Annahme, dass Klasse (oder „das Ökonomische“) realer sei, elementarer, grundlegender oder wichtiger als Rasse, sowohl hinsichtlich des Politischen als auch der historischen Analyse.23

Statt also die Sklavenhändler und Plantagenbesitzer und das ganze produktive, Finanz- und Staatsgebäude, das darüber errichtet wurde, für das Schüren von Rassismus verantwortlich zu machen, sagt Roediger, dass dieser in der entstehenden Arbeiterklasse seinen Ursprung habe. Europäisch-amerikanische Handwerker und Facharbeiter hätten aus Furcht, von den Kapitalisten und ihren Fabriken in Knechtschaft und Fron getrieben zu werden, sich selbst als weiße „Freie“ zu definieren begonnen im Gegensatz zu den in Ketten gelegten Schwarzen Sklaven. Das „Weißsein“ sei entscheidend, weil es die Grundlage für Rassismus bildete. Tim Wise behauptet deshalb, Weißsein bedeute:

Uns durch ein Negativ zu definieren, uns mit einer Identität auszustatten, die im Äußeren wurzelt – verwurzelt in der relativen Unterdrückung anderer. […] Ungleichheit und Privilegien sind die einzigen wirklichen Komponenten des Weißseins. […] Ohne Rassenprivileg gibt es kein Weißsein, und ohne Weißsein gibt es kein Privileg. Weiß zu sein bedeutet nur, begünstigt zu sein.24

Roediger behauptet, seine Analyse gehe zurück auf den großen Historiker und Aktivisten W. E. B. Du Bois. In dessen Buch von 1935 über die Zeit der Rekonstruktion nach dem Bürgerkrieg in den USA versuchte Du Bois zu erklären, warum Rassismus über die Arbeitersolidarität zwischen den „Rassen“ siegen konnte, und er sprach von einem „psychologischen Lohn“, der dem weißen Arbeiter gezahlt werde:

Sie wurden öffentlich gewürdigt und erhielten Ehrentitel, weil sie weiß waren. Ihnen wurde gemeinsam mit allen Klassen weißer Menschen Zugang zu öffentlichen Funktionen gewährt, zu öffentlichen Parks und den besten Schulen. Die Polizei kam aus ihren Reihen, und die Gerichte, die von ihrer Wählerstimme abhängig waren, behandelten sie mit solcher Nachsicht, dass es Gesetzlosigkeit ermutigte.25

Roediger zitiert diesen Absatz, verwendet ihn aber bewusst missbräuchlich, um seiner Position Glaubwürdigkeit zu verleihen. Du Boisʼ Kernaussage lautet, dass es die Bosse sind, die den psychologischen Lohn zahlen, um Arbeiter zu spalten. Wer sonst sollte ihnen diese Art von „Privilegien“ verleihen, von denen Du Bois spricht? Das Ziel dabei war, weißen Arbeitern kleine Zugeständnisse zu machen, damit sie glaubten, dass sie Nichtweißen überlegen seien, um auf diese Weise alle Arbeiter auseinanderzudividieren:

Die Rassentheorie wurde ergänzt mit einer sorgfältig geplanten und langsam entwickelten Methode, mit der solch ein Keil zwischen die weißen und Schwarzen Arbeiter getrieben wurde, dass es möglicherweise heute nirgendwo auf der Welt zwei Gruppen von Arbeitern mit faktisch identischen Interessen gibt, die sich so abgrundtief hassen, sich gegenseitig so anhaltend fürchten und so getrennt voneinander gehalten werden, dass keine Seite die gemeinsamen Interessen erkennen kann.26

Der Historiker Jack M. Bloom bezieht sich angemessener auf Du Boisʼ Konzept des psychologischen Lohns. Er sagt, Rassismus und der Versuch, den Armen das Gefühl zu geben, Angehörige einer überlegenen Kaste zu sein, sei eine Reaktion auf die Angst vor Aufständen von unten gewesen, die die herrschende Klasse im Süden nach dem Bürgerkrieg erschütterten. Er meint, dass die „Plantagenbesitzer und ihre Nachfolger, die Kaufleute-Landbesitzer, fürchten mussten, die Kontrolle zu verlieren. In dieser Zeit befanden sie sich zumeist in der Defensive und sie reagierten darauf mit einem Programm der weißen Überlegenheit, um das Ruder an sich zu reißen.“27

Dieses „Programm der weißen Überlegenheit“ beinhaltete, den einen kleine Vorteile zu gewähren, während sie gleichzeitig einen Angriff auf das Wahlrecht der Schwarzen planten. Das Gespenst der Schwarzen Vorherrschaft wurde bei jeder Gelegenheit heraufbeschworen. Wenn die weißen Angehörigen der Arbeiterklasse dem Bild entsprochen hätten, das die Theoretiker des „Weißseins“ entwerfen, wäre zu erwarten gewesen, dass die armen Weißen den Versuch der Kaufmanns-Landbesitzer-Klasse, Schwarze aus dem Wählerregister zu streichen, begrüßten. Tatsächlich aber gab es erheblichen Widerstand von oppositionellen Weißen dagegen. Warum? Weil viele Aktivisten der Populisten (People’s Party oder Populist Party) im ausgehenden 19. Jahrhundert begriffen, dass Wahlbeschränkungen sich letztlich gegen sie richteten, weshalb sie nicht auf den Rassismus hereinfielen, mit dem sie geblendet werden sollten. Sie wussten, dass jede Bindung des Wahlrechts an Eigentum oder Steuerzahlung dazu führen würde, auch arme Weiße aus dem Wählerregister zu löschen.28

Die Vertreter der Theorie des „Weißseins“ können nur schwerlich den Antirassismus der Arbeiterklasse erklären, weil Arbeiterinnen und Arbeiter damit anscheinend gegen ihre eigenen Interessen verstoßen, seien sie real oder nur fantasiert. Wenn Arbeiter tatsächlich eine Theorie der Überlegenheit entwickelt haben, die sie daran hindert, die Welt aus einer klassenbewussten und „rassen-“übergreifenden Perspektive zu sehen, warum haben dann so viele von ihnen in Zeiten großer Klassenkämpfe Vorstellungen der Überlegenheit infrage gestellt, die sie vielleicht ihr ganzes Leben lang gehegt hatten?

Jeder Aufschwung von Klassenkämpfen in den USA brachte seine eigene Infragestellung rassistischer Spaltungen hervor: von den Massenstreiks der 1930er Jahre, in denen die Kommunistische Partei wesentlich dazu beitrug, eine Zeit des multikulturellen Gewerkschaftswesens einzuleiten, bis zu den neuen Klassenkämpfen Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre, in denen Schwarze und weiße Arbeiter und Arbeiterinnen gemeinsam in den Autofabriken, den Häfen und anderen Betrieben streikten. Niemand würde behaupten, dass Rassismus kein ernsthaftes Hindernis für den Klassenkampf ist – egal ob in der Vergangenheit oder heute –, oder dass Siege über den Rassismus immer von Dauer sind. Aber die Geschichte zeigt uns, dass im Verlauf des Kampfs selbst die tiefsten Gräben überwunden werden können. Wie die Vertreter der Theorie des „Weißseins“ aber zu behaupten, dass wir erst den Rassismus in den Köpfen der Arbeiter bekämpfen müssen, ehe sie das System bekämpfen können, hält uns in einer Endlosschleife der Verzweiflung gefangen.

Wer profitiert von Unterdrückung?

Statt Unterdrückung als Ergebnis eines Machtspiels zwischen Individuen zu sehen, die in gegenseitiger Konkurrenz gefangen sind, ist der marxistische Ausgangspunkt ein anderer: Unterdrückung ist verbunden mit der Entstehung der Klassengesellschaft und ist nützlich für die herrschende Klasse, wobei die jeweilige Form der Unterdrückung von der ökonomischen Basis der Gesellschaft geprägt ist. Um ein Beispiel zu nennen: Rassismus wurde von weißen Plantagenbesitzern als Rechtfertigung für die Versklavung Schwarzer Afrikaner entwickelt. Er existierte in deutlich veränderter Form nach dem Ende der Sklaverei fort, weil er eine nützliche Rechtfertigung für koloniale Beherrschung bietet und weil er zur Ablenkung von den wahren Ursachen der Armut, Ausbeutung und des Elends dient.

Der US-Wirtschaftswissenschaftler Michael Reich untersuchte in den 1970er Jahren die Einkommensverteilung in 48 Metropolenregionen und fand heraus: Je größer die Kluft zwischen dem Einkommen von Schwarzen und Weißen war, desto größer auch die Einkommensungleichheit zwischen den Weißen. Je mehr der Rassismus also Arbeiter spaltet, desto mehr profitiert der Kapitalist davon.29 Reich beobachtete:

Der Spaltpilz des Rassismus schwächt die Verhandlungsmacht der Arbeiter gegenüber dem Arbeitgeber; die wirtschaftlichen Folgen des Rassismus bestehen nicht nur in einem niedrigeren Einkommen für Schwarze, sondern auch einem höheren Einkommen für die kapitalistische Klasse und niedrigeren Einkommen für weiße Arbeiter. Auch wenn sich die Kapitalisten nicht bewusst verschworen haben, um Rassismus zu erfinden, und auch wenn die Kapitalisten nicht diejenigen sind, die Rassismus hauptsächlich verbreiten, trägt der Rassismus zur ungebrochenen Lebensfähigkeit des amerikanischen kapitalistischen Systems bei.30

Obwohl also das Leben Schwarzer Arbeiter meist deutlich härter ist als das der weißen, schadet der Rassismus den Interessen beider. Das gilt im engsten Sinne, wenn Einkommen, Bildung, Wohnen und so weiter verglichen werden – wie auch im weiteren Sinne, weil Rassismus ein Hindernis für das Zustandekommen eines vereinten und wirksamen, auf Solidarität beruhenden Klassenkampfs ist.

Wenn wir uns Formen der Unterdrückung ansehen, die schon vor Entstehung des Kapitalismus bestanden – insbesondere die Frauenunterdrückung – wird es vielleicht schwieriger zu erkennen, wer davon profitiert. Das liegt daran, dass die entsprechenden Vorurteile als so tief verankert und verwurzelt in der Gesellschaft gelten, dass sie nicht dieselbe funktionelle Rolle für das System zu haben scheinen wie der Rassismus. Deshalb, so wird angenommen, muss die Ursache dafür viel tiefer liegen – wie zum Beispiel in der Biologie. Aber Frauenunterdrückung hat nicht schon immer existiert; sie entstand mit der Fähigkeit, einen Nahrungsüberschuss herzustellen, der folgenden Spaltung in Klassen und der Entstehung von Formen der Familie, die es ermöglichten, den Reichtum über die Generationen hinweg zu vererben. In den meisten Fällen war es eine Gruppe wohlhabender Männer, die schließlich Verfügungsgewalt über die Ressourcen der Gesellschaft hatten, was wiederum zur Entstehung eines Patriarchats im Haushalt führte. Die Familie war also eine Folge der Entstehung von Klassen und nicht eine uralte Hierarchie, in der Frauen schon immer unterdrückt waren.31

Im Kapitalismus hat sich die Funktion und die Form der Familie radikal verändert, sodass ihre Hauptrolle heute darin besteht, ein Ort zu sein, an dem die nächste Generation der Arbeiterinnen und Arbeiter erzeugt und aufgezogen wird. Um zu verstehen, wer heute von Frauenunterdrückung profitiert, müssen wir begreifen, welchen Einfluss die kapitalistische Familie auf die wahrgenommenen Rollen von Frauen wie Männern ausübt. Als Erstes sorgt das System dafür, dass die Kosten zur Reproduktion der nächsten Generation von Arbeiterinnen und Arbeitern privatisiert sind und Zeitaufwand wie finanzielle Last fast ganz der Familie aufgebürdet werden. Derzeitige Angriffe auf den Sozialstaat tragen dazu bei, weshalb insbesondere Frauen die Last der Versorgung nicht nur von Kindern, sondern auch der alten und kranken Angehörigen tragen. Zweitens wird die Arbeit von Frauen außerhalb des Heims niedriger entlohnt, weil ihnen vorrangig die Rolle der Versorgung einer Familie zugeschrieben wird. Drittens wird immer noch weitgehend davon ausgegangen, dass der Mann die Verantwortung für den finanziellen Unterhalt der Familieneinheit trägt, sodass der Kapitalismus sich von jeglicher Verantwortung freisprechen kann, während der Mann Angst haben muss, seine Familie im Stich zu lassen, wenn er keine Arbeit findet.

Auf diese Weise dient die Ideologie von der Familie als entscheidende Rechtfertigung für die Unterdrückung von Frauen. Obwohl die meisten Menschen in Großbritannien nicht in einer Kleinfamilie leben, bedeutet die Idealisierung dieser Einheit, dass sie weiterhin als „natürlichste“ und erstrebenswerteste Lebensweise gilt.

Es dürfte klar sein, dass Rassismus und die Unterdrückung von Frauen im Interesse des kapitalistischen Systems liegen. Das heißt jedoch nicht, dass Marxistinnen meinen, all diese Spaltungen seien von der herrschenden Klasse in einer groß angelegten Verschwörung konstruiert worden. Sicherlich gibt es in dieser Gruppe einige – die Medienzaren zum Beispiel –, die bewusst die Spaltung schüren und aktiv Wege suchen, den Blick von den echten Ursachen des harten Lebens der Arbeiterklasse auf jene zu lenken, die völlig unschuldig an dem Elend sind. Im Allgemeinen jedoch funktionieren die spaltenden Ideologien auf weniger sorgfältig konstruierte Weise. Bei einigen Angehörigen der herrschenden Elite spiegelt das Schüren von Unterdrückung ihre seit Generationen tief verwurzelten Vorurteile ihrer Klasse wider. Bei anderen handelt es sich um reinen Opportunismus.

Diese Ideen sickern in die Gesellschaft ein und entfalten eine gewisse Unabhängigkeit von der ökonomischen Basis, sind jedoch zugleich von dieser beschränkt. Friedrich Engels schrieb:

Die politische, rechtliche, philosophische, religiöse, literarische, künstlerische etc. Entwicklung beruht auf der ökonomischen. Aber sie alle reagieren aufeinander und auf die ökonomische Basis. Es ist nicht, dass die ökonomische Lage Ursache, allein aktiv ist und alles andere nur passive Wirkung. Sondern es ist Wechselwirkung auf Grundlage der in letzter Instanz stets sich durchsetzenden ökonomischen Notwendigkeit.32

Aber was ist mit all den Rivalitäten, Eifersüchteleien und regelrechten Vorurteilen, die wir unter vielen Arbeitern finden können? Tim Wiese argumentiert: „Bevor das Klassensystem grundlegend verändert werden kann, müssen wir den weißen Rassismus angreifen und erheblich zurückdrängen.“33 Damit drehen wir uns im Kreis: Weiße Arbeiter können die Gesellschaft nicht verändern, weil sie zu rassistisch sind, sie sind jedoch rassistisch, weil sie nicht in der Lage waren, die Gesellschaft zu verändern. Marxʼ Antwort darauf lautete, dass der Kampf selbst eine wichtige Rolle bei dem Aufbrechen des Einflusses reaktionärer Ideen und bei gesellschaftlicher Veränderung spielt. Weil der Kapitalismus die Arbeiter dazu zwingt, selbst für die grundlegendsten Dinge des Lebens zu kämpfen, kommt es zum Klassenkampf, in dem Ideen geprüft und geklärt werden. Zum Beispiel können wir nicht verstehen, wie die gegen Schwarze und asiatische Menschen gerichteten Vorurteile in Großbritannien seit den 1980er Jahren zurückgedrängt wurden, ohne die wichtigen Kämpfe in den Betrieben, Schulen und Gemeinden zu berücksichtigen, die dem vorausgingen. Diese Kämpfe ermutigten Schwarze und weiße Arbeiter zu gemeinsamem Handeln, wobei es manchmal nur um rein ökonomische Fragen ging, und in der Folge mussten viele Weiße ihre rassistischen Vorurteile hinterfragen. Für Marx hat der Kampf reinigende Wirkung:

Die materialistische Lehre, daß die Menschen Produkte der Umstände und der Erziehung, veränderte Menschen also Produkte anderer Umstände und geänderter Erziehung sind, vergißt, daß die Umstände eben von den Menschen verändert werden und daß der Erzieher selbst erzogen werden muß. Sie kommt daher mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft in zwei Teile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist. […]

Das Zusammenfallen des Änderns der Umstände und der menschlichen Tätigkeit kann nur als umwälzende Praxis gefaßt und rationell verstanden werden.34

Für Marxisten ist der Klassenkampf ein fruchtbares Terrain, all die rückständigen Ideen, die uns umgeben, potenziell infrage zu stellen – vorausgesetzt, dass es Individuen und Gruppen gibt, die eben dies entschlossen angehen.

Marxismus und Unterdrückung

Gegner des Marxismus behaupten des Öfteren, dass mit dieser Theorie alles auf die Klassenfrage reduziert werde und sie uns deshalb nicht helfe, Unterdrückung zu verstehen und zu bekämpfen. Selbst einige der radikalen Linken behaupten, Marx und Engels hätten ein romantisches Bild von Arbeitern entworfen und die Spaltungen unter ihnen heruntergespielt. Patricia Hill Collins zum Beispiel karikiert Marxisten, wenn sie sagt: „Würden nichtweiße Menschen und Frauen nur ihre wahren Klasseninteressen erkennen, würde die Solidarität der Klasse Rassismus und Sexismus ausradieren.“35
Wäre das tatsächlich unsere Haltung, dann wäre zu erwarten, dass Marxisten den Kampf für Befreiung ignoriert und diesen als Ablenkung von dem notwendigen Geschäft des Klassenkampfs behandelt hätten. Stattdessen haben sich Marxisten immer in solche Kämpfe gestürzt – beginnend mit der frühen Bewegung der Arbeiterinnen und Arbeitern in Ostlondon, in denen Eleanor Marx eine wesentliche Rolle gespielt hat, über die Rolle der Kommunisten im Kampf gegen die rassistische Segregation im US-amerikanischen Süden in der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre bis zu der Massenbewegung in den 1980er Jahren gegen Margaret Thatchers homosexuellenfeindliches Gesetz „Section 28“.

Auch auf theoretischer Ebene ignoriert der Marxismus Unterdrückung nicht. Wer sich auch nur flüchtig mit den Schriften von Marx und Engels beschäftigt, wird erkennen, dass beide Chauvinismus und Vorurteile als einen Krebs in der Arbeiterbewegung ansahen, dem höchste Aufmerksamkeit seitens der damaligen sozialistischen Organisationen zu widmen war. Bezüglich des gegen Iren gerichteten Rassismus im 19. Jahrhundert schrieb Marx: „Dieser Antagonismus wird künstlich wachgehalten und gesteigert durch die Presse, die Kanzel, die Witzblätter, kurz, alle den herrschenden Klassen zu Gebot stehenden Mittel. Dieser Antagonismus ist das Geheimnis der Ohnmacht der englischen Arbeiterklasse, trotz ihrer Organisation. Er ist das Geheimnis der Machterhaltung der Kapitalistenklasse. Letztre ist sich dessen völlig bewußt.“36

Lange bevor Frauen in Großbritannien das Wahlrecht erkämpften, trat Marx dafür ein, dass sie auf internationaler Ebene in die Führung der Arbeiterorganisationen aufgenommen werden (wobei er sich der etwas unglücklichen Sprache seiner Zeit bediente): „Jeder, der etwas von der Geschichte weiß, weiß auch, daß große gesellschaftliche Umwälzungen ohne das weibliche Ferment unmöglich sind. Der gesellschaftliche Fortschritt läßt sich exakt messen an der gesellschaftlichen Stellung des schönen Geschlechts […].“37 Und als britische Zeitungen rassistisches Gift über den oft blutig verlaufenden indischen Aufstand von 1857 verbreiteten, verteidigte Marx die Aufständischen und ihre Methoden: „In der Geschichte der Menschheit gibt es so etwas wie Vergeltung; und es ist eine Regel historischer Vergeltung, daß ihre Waffen nicht von den Bedrückten, sondern von den Bedrückern selbst geschmiedet werden.“38

Es stimmt, dass Marxisten die Frage der Klasse betonen, obwohl sie wissen, dass die Klassenzugehörigkeit eines Individuums oder der persönliche Hintergrund die Gestaltung des Lebens nicht immer stärker beeinflusst als das Geschlecht, die „Rasse“ oder Sexualität. Zwei Gründe gibt es für unsere Haltung: Erstens ist eine Klassenanalyse wichtig, um den Ursprung von Unterdrückung zu verstehen, wie und unter welchen Umständen sie begann, warum sie weiterbesteht. Mit einer Klassenanalyse können wir erkennen, in wessen Interesse Unterdrückung funktioniert und wie sie mit dem kapitalistischen System als Ganzes zusammenhängt. Solch ein Ansatz gestattet es Marxistinnen, die größten Fallen zu vermeiden, die mit anderen Versuchen der Erklärung von Unterdrückung verbunden sind, wobei tendenziell Unterdrückung als Ergebnis geringer Bildung und Mangel an angemessener Ausbildung erklärt wird, oder als etwas, das angeboren und unseren Hirnen eingeschrieben ist. Zweitens ist die Klassenanalyse von entscheidender Bedeutung, weil sie das Problem im System und nicht bei Einzelpersonen verortet und eine Kraft identifiziert, die das System stürzen und grundlegend und dauerhaft verändern kann. Marxistinnen und Marxisten gehen davon aus, dass der Kapitalismus gestürzt und mit ihm die ganze Last rückständiger Ideen, die das System stützen, beseitigt werden kann.

Vorherrschende Ideen über Rasse, Geschlecht und Sexualität haben in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg eine starke Wandlung erfahren. Aber die Wendung − in fast allen Fällen zum Besseren – war kein Zufall oder Ergebnis einer schrittweisen Entwicklung, und ganz bestimmt wurde die herrschende Klasse nicht plötzlich von aufklärerischen Ideen ergriffen. Es war stattdessen das Ergebnis veränderter Bedürfnisse des Kapitalismus und der von Menschen ausgefochtenen Kämpfe zur Veränderung der Welt.

Marx argumentierte, dass die Arbeiterklasse die einzige Gruppe in der Gesellschaft ist, die sowohl die Macht als auch das materielle Interesse am Sturz des Systems und der Erschaffung einer neuen Welt hat. Er begriff die Klasse als gesellschaftliche Beziehung, die unabhängig davon existiert, ob die Menschen sich selbst als Teil dieser Klasse sehen. So gesehen unterscheidet sich Klasse fundamental von den Kategorien, die durch Unterdrückung geschaffen werden, und die Arbeiterklasse sollte nicht einfach nur als weitere unterdrückte Gruppe auf der Liste von Unterdrückungen angesehen werden.

Eine wichtige Folge der Erkenntnis, dass Arbeiter mit dem Chauvinismus brechen können, besteht darin, dass von Unterdrückung betroffene Menschen beginnen können, in diesen Arbeitern Verbündete statt feindliche Konkurrenten und Feinde zu sehen, was die Aussicht auf einen vereinten Kampf erhöht, der noch kurz zuvor ausgeschlossen erschien.

Strategien und Implikationen

Wohin führt uns die Privilegientheorie in Bezug auf Strategien für Veränderung? Die Welt als durch unverdiente Privilegien strukturiert zu sehen, beinhaltet als Lösung, dass die „Privilegierten“ ihre Vorteile erkennen und aufgeben sollten. Nehmen wir zum Beispiel die Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen. Der Soziologe R. W. Connell und andere haben diese die „Männlichkeitsdividende“ genannt – ein unverdienter Vorteil für Männer, nur weil sie Männer seien.39 Guardian-Kolumnist Ally Fogg meint, wir sollten Frauen nicht als unterbezahlt sehen im Verhältnis zu Männern, sondern Männer als überbezahlt im Verhältnis zu Frauen.40

Sollten Männer deshalb im Interesse der Gleichstellung eine Lohnkürzung hinnehmen? Das scheint etwas weit hergeholt zu sein, aber wir sollten uns daran erinnern, dass genau dieser Ansatz von etlichen Stadtverwaltungen verfolgt wurde, als es bei den Tarifauseinandersetzungen von 2005–2007 um den Anspruch auf gleiches Entgelt für die weiblichen Gemeindeangestellten am untersten Ende des Lohngefüges ging. Natürlich ging es dabei nicht um Gerechtigkeit, sondern darum, Geld zu sparen. Aber dies ist ein sehr konkretes Beispiel, warum die Frage des gleichen Lohns als Klassenfrage gesehen werden muss, wenn wir verhindern wollen, dass die Bosse eine Gruppe gegen die andere ausspielen.

Die meisten Vertreter der Privilegientheorie würden dem zustimmen, dass „Privilegierte“ nicht aufgefordert werden sollten, ihre Vorteile aufzugeben − allerdings vor allem deswegen, weil sie glauben, es sei nicht möglich, sich seiner Privilegien zu entledigen, und nicht wegen der Notwendigkeit, breitere Solidarität herzustellen. Wie Michael Kimmel meint: „Privilegien lassen sich ebenso wenig ablegen wie wir zu atmen aufhören können.“41 Das ist eine sehr pessimistische Theorie – wer seine Privilegien nicht aufgeben kann, kann auch nicht vermeiden, sich an der Unterdrückung anderer mitschuldig zu machen. Sie oder er kann nur versuchen, sich der eigenen „Privilegien“ noch bewusster zu werden und deren schlimmste Auswirkungen zu beschränken oder Gesetze dagegen zu erlassen.

Ironischerweise klingt die Vorstellung, wir könnten unseren „Privilegien“ nicht entkommen, wie ein Echo der marxistischen Idee, dass das „Sein das Bewusstsein“ bestimmt – die Ideen und das Verhalten einer Person ergeben sich direkt aus ihrer Position des „Vorteils“ oder des „Nachteils“. Aber dieser hoch vereinfachende und deterministische Ansatz bezüglich der Frage, wie Ideen der Unterdrückung geformt werden, hat mit Marxismus sehr wenig zu tun, wie wir schon gesehen haben. Erstens kann das „Sein“ einer Person nicht einfach auf eine Summe der von ihr erfahrenen oder nicht erfahrenen Unterdrückungen reduziert werden. Zweitens gibt es eine Vielfalt von Ideen in der Gesellschaft, auch unter den Unterdrückten – und es gibt keine unmittelbare wechselseitige Beziehung zwischen Ideen und dem Ausmaß der erfahrenen Unterdrückung. Die Ideen der Menschen sind nicht starr. Wenn es so wäre, warum sollten wir uns überhaupt die Mühe machen, zu argumentieren, politische Organisationen zu bilden und so weiter? Zudem sind Menschen nicht nur passive Objekte – wir beziehen uns ständig auf diese Welt und beeinflussen sie. Insbesondere der im Kern des Kapitalismus liegende Widerspruch bringt Leute dazu zu kämpfen, wobei unser Handeln nicht nur die Welt um uns herum, sondern auch die Menschen selbst verändert.

In der Privilegientheorie drückt sich auch eine Art von Elitedenken aus: Wir alle sind unentrinnbar gebunden an die verinnerlichten Vorurteile und Unterdrückungsideen außer den Theoretikerinnen, die sich einen gewissen Grad aufgeklärter Selbstwahrnehmung erarbeiten konnten. Wer uns alle als Gefangene unserer unverdienten Vorteile sieht, kann nur hoffen, eine Minderheit an die Erkenntnis ihrer Privilegierung heranzuführen. Auf diese Weise verfällt die Privilegientheorie, obwohl sie anscheinend von einer materiellen Realität ausgeht, in Idealismus, in dem Ideen den Ausschlag geben. Deshalb konzentrieren sich die Vertreter der Privilegientheorie auf Bildung und Bewusstsein.

Dieser Ansatz hat vieles gemeinsam mit dem Liberalismus – im Mittelpunkt steht die Bildung der Einzelnen und ein moralischer Imperativ, nach Gerechtigkeit zu streben, ohne zu glauben, dass Ungleichheit völlig überwunden werden kann (zumindest nicht ohne Beseitigung von Männern, Weißen, Heterosexuellen).

Vieles in der Literatur der Privilegientheorie konzentriert sich nicht nur darauf, andere herauszufordern, sondern auch sich selbst. Selbst ein Autor mit einem solch großen historischen Wissen wie Collins meint, dass „Veränderung mit einem selbst beginnt, und Beziehungen, die wir mit unseren Mitmenschen eingehen, immer der vorrangige Ort für gesellschaftlichen Wandel sein müssen“.42

Natürlich ist es nicht falsch, wenn wir unsere Einstellungen und unsere Beziehungen mit anderen selbstkritisch beleuchten. Und es ist auch richtig, etwas gegen alle Äußerungen der Unterdrückung in unserem Verhalten, der Sprache und Haltung zu tun. Aber der Kampf gegen tiefe systembedingte Spaltungen wie Rassismus, Sexismus und Homophobie kann sich nicht allein auf die individuelle Selbstreflexion einer gewissen Anzahl progressiver Individuen stützen.

Solcherart Argumente sind nicht neu. Vor über zwanzig Jahren wies Ambalavaner Sivanandan auf die Gefahr eines Ansatzes hin, der sich vor allem auf das Persönliche und Zwischenmenschliche konzentriert: „Indem Macht personalisiert wird, personalisiert die Formel ,das Persönliche ist politisch‘ den Feind, sodass der Feind der Schwarzen der Weiße ist, der der Frauen der Mann. Und alle Weißen sind rassistisch und alle Männer sexistisch.“43

Die Privilegientheorie neigt dazu, politische Argumente auf einen moralischen Appell und persönliche Gefühle zu reduzieren, wobei wer etwas sagt häufig wichtiger wird, als was jemand sagt. Das ist ein Grund dafür, dass der Ansatz der Privilegientheorie der Debatte potenziell schadet und sogar die Gefahr birgt, unterdrückendes Verhalten nicht zu verfolgen. Wenn jemand rassistisch oder sexistisch spricht oder sich so verhält, ist es zweifellos besser und für alle Betroffenen lehrreicher, dagegen vorzugehen, indem erklärt wird, dass und warum das, was er oder sie sagt, rassistisch oder sexistisch ist, statt dies als automatischen Ausdruck seines „privilegierten“ Geschlechts, seiner „Rasse“, Sexualität und so weiter einzuordnen.

Selbst wenn Anhänger der Privilegientheorie von der ständigen Konzentration auf Individuen abrücken und sich an größeren Kampagnen beteiligen, betonen sie, dass die „Privilegierten“ für die Unterdrückten höchstens eine unterstützende Rolle spielen können. Frances Kendall zum Beispiel sagt, bei der Überprüfung unserer Privilegien gehe es darum, ein „Bündnispartner“ zu werden, der fähig ist, „authentische Beziehungen“ zu jenen aufzubauen, die nicht unsere Privilegien teilen.44

Der Versuch, Ideen in uns selbst und in anderen zu verändern, bevor eine bedeutende Infragestellung größerer struktureller Ungleichheiten möglich ist, führt auf den falschen Weg. Die meisten Menschen, die den Kampf aufnehmen, sei es für mehr Rechte am Arbeitsplatz, zur Beendigung eines Kriegs, gegen Rassismus, Sexismus etc., haben eine Mischung widersprüchlicher Ideen im Kopf. Sie akzeptieren vielleicht einige reaktionäre Ideen und lehnen andere ab. Gerade im Kampf für Veränderung entwickeln die meisten Menschen neue Einsichten in die Funktionsweise des Kapitalismus und alte Annahmen und Vorurteile können abgebaut werden. Denn im Kampf für Veränderung geraten die direkten Erfahrungen der Menschen am schärfsten in Konflikt mit der von den Institutionen des Kapitalismus propagierten Weltsicht.

Privilegien und Intersektionalitätstheorie

Das Konzept der „Intersektionalität“ ist unter den Vertretern der Privilegientheorie sehr beliebt. Sie bedeutet anzuerkennen, dass Individuen und Gruppen mehrfache Unterdrückung erfahren können, und untersucht, wie diese verschiedenen Unterdrückungen aufeinander wirken – wie sie sich kreuzen (intersect).

Privilegien- und Intersektionalitätstheorie sind nicht dasselbe. Aber es gibt große Überschneidungen: Viele Vertreter der Privilegientheorie verwenden den Ansatz der Intersektionalität, um zu erklären, wie Menschen in einigen Bereichen „privilegiert“ und in anderen unterdrückt sein können. Courtney E. Martin schreibt zum Beispiel im New Statesman, dass Peggy McIntosh, als sie eine Liste ihrer „unbewussten Privilegien“ aufstellte, „intersektional zu denken begann (in ihrem Fall nicht nur eine Frau zu sein, sondern auch eine weiße heterosexuelle Frau)“.45 Mit anderen Worten hatte sie begriffen, dass nicht alle Frauen in derselben Lage sind – diese hängt ab von Klasse, „Rasse“, Sexualität und so weiter.

Ähnlich neigen die wichtigsten Vertreter der Intersektionalitätstheorie dazu, mithilfe des Privilegienansatzes zu zeigen, wie diejenigen, die unter mehrfacher Unterdrückung leiden, in umfassenderen Kämpfen marginalisiert werden. Kimberlé Crenshaw schreibt zum Beispiel, Schwarze Frauen würden sowohl von weißen Frauen als auch von Schwarzen Männern marginalisiert: „Die Konzentration auf die am meisten privilegierten Mitglieder einer Gruppe marginalisiert jene, die eine mehrfache Last tragen.“46

Die Intersektionalitätstheorie hat bei dem Versuch, Unterdrückung zu verstehen, an Einfluss gewonnen. „Mein Feminismus ist intersektional oder Bullshit“ wurde im vergangenen Jahr zu einer prominenten Parole von Online-Bloggerinnen. Dieser Ansatz ist bei vielen jungen Aktivistinnen und Aktivisten sehr beliebt – der Studierendenrat der Universität Edinburgh zum Beispiel stimmte kürzlich dafür, seinen Studierendenverband als Raum des intersektionalen Feminismus zu kennzeichnen. In der Wissenschaft hat es in den vergangenen Jahren eine große Zunahme an Forschung und Schriften gegeben, die einen intersektionalen Ansatz verfolgen oder jene erforschen, die an den „Kreuzungen“ der Gesellschaft sind, die sich am meisten an den Rändern befinden. An dieser Stelle können wir uns nicht mit der ganzen Bandbreite dieser Arbeiten auseinandersetzen. Wir wollen jedoch ein paar Schlüsselideen der Intersektionalitätstheorie zu erklären versuchen, insbesondere in Bezug auf die Frage, wie sie von Aktivistinnen und Aktivisten vertreten werden und wie sie mit der Privilegientheorie zusammenspielen (oder wollen wir sagen, sich überkreuzen?).

Intersektionalität funktioniert auf zwei Ebenen – zunächst einmal auf der Ebene der Beschreibung. In gewisser Hinsicht ist das Beschreiben die Hauptfunktion der Intersektionalitätstheorie. Vor allem lehnen ihre Vertreter die Vorstellung von einer Addition verschiedener Unterdrückung ab. Die Unterdrückung, die eine Schwarze Frau erfährt, kann also nicht verstanden werden, indem der Rassismus dem Sexismus hinzugefügt wird. Die spezifische Überkreuzung dieser Unterdrückungen schafft also etwas, das mehr als die Summe ihrer Teile ist. Rassistische Ideen wirken zum Beispiel durch spezifische, am Geschlecht festgemachte Stereotype bezüglich dessen, was es heißt, nicht nur Schwarz zu sein, sondern ein Schwarzer Mann oder eine Schwarze Frau.

Zweitens spiegelt das Konzept der Intersektionalität, insbesondere wie es derzeit von Aktivisten verwendet wird, oft eine Theorie der Macht wider, die der der Privilegientheorie sehr ähnlich ist. Wir werden auf diese Frage zurückkommen, nachdem wir die Geschichte und einige Schlüsselideen der Intersektionalität näher betrachtet haben.

Meist wird das Konzept Intersektionalität zurückgeführt auf die US-amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw oder die US-amerikanische Wissenschaftlerin Patricia Hill Collins Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre. Die Kernideen der Intersektionalität gehen jedoch weiter zurück auf Schriften Schwarzer Frauen in den USA, die sich sehr kritisch mit der Frauenbewegung der 1970er und 1980er Jahre und der Schwarzen Befreiungsbewegung auseinandergesetzt haben, weil diese die besonderen Erfahrungen Schwarzer Frauen ausgeblendet hätten. Diese Werke wurden bekannt als Schwarzer Feminismus – und bildeten den Gegenstand und Titel von Collinsʼ bahnbrechender Studie „Black Feminist Thought“.47 Das Konzept entstand also, um die Lage und Unterdrückung Schwarzer Frauen zu verstehen, wurde jedoch seitdem aufgegriffen und erweitert, um die Verbindungen zwischen einer Vielfalt von Unterdrückungen zu verstehen.

Schwarzer Feminismus und die Ursprünge der Intersektionalitätstheorie

Die Entstehung des Schwarzen Feminismus war in vielerlei Hinsicht eine Reaktion auf den besonderen Charakter der US-amerikanischen Frauenbewegung. Die Frauenbewegung kam erst nach der Bürgerrechts-, der Black-Power- und der Bewegung gegen den Vietnamkrieg auf und war vor allem geprägt von der Reaktion auf den Sexismus, den Aktivistinnen in diesen Bewegungen erfuhren.48 Anders als in Großbritannien entwickelte sich die US-amerikanische Frauenbewegung in einer Situation, in der die sozialistische Linke sehr schwach war, der gewerkschaftliche Organisationsgrad niedrig und selbst die üblichen reformistischen Organisationen fehlten. In diesem Zusammenhang und trotz ihrer anfangs radikalen Politik und Massenwirkung wurde die Frauenbewegung ab Mitte der 1970er Jahre beschränkter und konservativer hinsichtlich ihrer Basis als auch ihres Schwerpunkts und trennte sich von umfassenderen Kämpfen. Diese Verengung war es, die den Nährboden für Theorien bildete, dass alle Männer alle Frauen unterdrücken.

Eine Reihe Schwarzer Feministinnen begann scharfe Kritik an dem Anspruch der Frauen im Zentrum der Frauenbewegung zu üben, für alle Frauen zu sprechen. Insbesondere wiesen sie darauf hin, dass die Bewegung die Anliegen und Erfahrungen von Frauen der weißen Mittelschicht unter Ausschluss anderer widerspiegelten. Audre Lorde schrieb dazu:

Im Großen und Ganzen beschäftigen sich die weißen Frauen in der Frauenbewegung mit ihrer Unterdrückung als Frauen und ignorieren die Unterschiede bezüglich „Rasse“, sexuellen Vorlieben, Klasse und Alter. Mit dem Wort „Schwesternschaft“ wird der Anschein einer Einheit der Erfahrung erweckt, die faktisch nicht besteht.49

Die Schwarzen Feministinnen hatten damit vielfach recht. Die Frauenbewegung beruhte weitgehend auf Frauen der Mittelschicht, überwiegend weiß, und ihre Anliegen und Methoden spiegelten das wider. Viele Schwarze Feministinnen verallgemeinerten allerdings ihre Erfahrungen mit der Frauenbewegung und meinten eine nahtlose Geschichte aller weißen Frauenaktivistinnen zu erkennen, die Schwarze Frauen im besten Fall marginalisierten und im schlimmsten Fall zu dem gegen sie gerichteten Rassismus beitrugen.

Nicht alle weißen Feministinnen teilen die Ansicht, dass die US-amerikanische Frauenbewegung in ihrer Gesamtheit die Frage von Rassismus und Imperialismus ignoriert habe. Viele Aktivistinnen kamen aus dem Kampf gegen den Vietnamkrieg und der Bürgerrechtsbewegung zur Frauenbewegung und trugen diese Anliegen dort hinein. In den Anfängen war die Bewegung aktiv gegen den Krieg und protestierte gegen die staatliche Verfolgung der Black Panther. Die US-Aktivistin Lise Vogel zum Beispiel weist die Vorstellung zurück, dass Feministinnen Fragen von „Rasse“ und Klasse bis in die 1980er Jahre vernachlässigt hätten. Sie argumentiert, dass ein Teil der früheren allgemeinen Politik bei dem Zusammenbruch und Rückzug vieler radikaler sozialer Bewegungen Ende der 1970er Jahre verloren gegangen sei.50 Mit anderen Worten war das Problem der Frauenbewegung ein politisches, nicht eins der Privilegien weißer Frauen.

Die Schrift, die als Gründungstext dessen gesehen wird, was später als Intersektionalität bekannt wurde, ist die Erklärung der Schwarzen Feministinnen des Combahee River Collective. Ihre Erklärung umreißt einige der Hauptthemen der Intersektionalitätstheorie:

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich unsere Politik am besten beschreiben als Einsatz für den aktiven Kampf gegen rassistisch motivierte, sexuelle, heterosexuelle und Klassenunterdrückung, und wir sehen es als unsere besondere Aufgabe an, eine umfassende Analyse und Praxis zu entwickeln, wobei wir davon ausgehen, dass die Hauptsysteme der Unterdrückung miteinander verzahnt sind.

Sie fahren fort, dass sie sich aufgrund ihrer Erfahrungen in den größeren Emanzipationsbewegungen und der „weißen männlichen Linken“ getrennt organisieren wollen. Sie hätten die Notwendigkeit erkannt für die „Entwicklung einer Politik, die antirassistisch“ ist, „im Gegensatz zu der Politik der weißen Frauen, und antisexistisch, anders als die der Schwarzen und weißen Männer“.51

Ihr Manifest klingt sehr radikal, wenn sie zum Beispiel sagen, dass „die Befreiung aller Unterdrückten die Zerstörung des politisch-ökonomischen Systems des Kapitalismus und Imperialismus ebenso wie des Patriarchats erfordert“. Ihre Politik ist jedoch, gelinde gesagt, unzusammenhängend und in Wirklichkeit höchst widersprüchlich. Sie erklären, dass sie „im Wesentlichen mit Marxʼ [Wirtschafts-]Theorie übereinstimmen“, zitieren dann jedoch zustimmend einen Absatz aus einem feministischen Aufsatz mit dem Titel „Sisterhood Is Powerfull“, in dem es heißt: „Ich habe nicht die geringste Ahnung, welche mögliche revolutionäre Rolle weiße heterosexuelle Männer erfüllen könnten, denn sie sind die wahre Verkörperung der Reaktionären-Lobbyisteninteressen-an-der-Macht“.52 Schwarze Feministinnen mögen zwar die Anliegen und die Zusammensetzung der breiteren Frauenbewegung kritisiert haben, aber sie haben ihre Methoden nicht unbedingt abgelehnt. So konzentrierte sich das Combahee River Collective auf Studiengruppen und Bewusstseinsbildung, und seine Spaltungen in der Frage der Sexualität spiegelten die Argumente über Separatismus und Identität in der breiteren Bewegung wider.

Der Schwarze Feminismus als Gedankengebäude bindet eine Reihe von Themen zusammen, das heißt aber nicht, dass er eine zusammenhängende Theorie bietet. Das überrascht nicht – allein die Tatsache, Schwarz und weiblich zu sein, bestimmt nicht die politischen Ansichten einer Person. Es gibt jedoch den Versuch, diese Ideen als zusammenhängendes Ganzes zu präsentieren, zum Beispiel in Collinsʼ „Black Feminist Thought“. Collins selbst sagt, dass sie dies aus politischen Gründen überbetont. Es gibt in der Tat wichtige Debatten unter den Schlüsselpersonen dieser Tradition. bell hooks zum Beispiel teilt mit vielen anderen Schwarzen Feministinnen die scharfe Kritik an der Frauenbewegung, hält aber die Entscheidung des Combahee River Collective, sich getrennt als Schwarze Frauen zu organisieren, für einen reaktionären Schritt, mit dem das Kampffeld im Prinzip verlassen wird.53

Die Schwarzen Feministinnen hatten aber nicht völlig unrecht mit ihrer Kritik an der Frauenbewegung. Auch Marxistinnen stehen der Vorstellung einer undifferenzierten „Schwesternschaft“, in der alle Frauen dieselben Interessen teilen, kritisch gegenüber. Der von einigen Feministinnen vertretene Ansatz von einer Einheit aller Frauen verwischt die unterschiedlichen Interessen von Frauen unterschiedlicher Klassen. Natürlich leiden alle Frauen unter Frauenunterdrückung – aber die Frauen der herrschenden Klasse können ihren Reichtum dafür verwenden, einige Aspekte von Sexismus abzumildern. Und wenn es darum geht, das ganze System anzugreifen, dann haben alle Arbeiterinnen ein Interesse daran, während jene der herrschenden Klasse ein Interesse daran haben, das System als Quelle ihres Reichtums zu erhalten.

Es ist auch richtig, dass es keine automatische Einheit der Unterdrückten gibt – und dass einige Feministinnen eine reaktionäre Rolle in Bezug auf andere unterdrückte Gruppen gespielt haben. Erinnert sei zum Beispiel an die etablierten Feministinnen in Frankreich und woanders, die gegen das Recht von Musliminnen auf das Tragen des Kopftuchs auftraten. Diese Fragen sind alle politisch – es geht darum, die Funktionsweise von Unterdrückung und Ausbeutung zu verstehen. Sie sind kein unbewusster Vorgang aufgrund eines Privilegs, wie einige meinen.

Wie wirkt sich die Intersektionalitätstheorie auf die Strategie aus?


Der Schwarze Feminismus hat zum Nachdenken anregende Schriften hervorgebracht und unser Verständnis von Aspekten der Geschichte, auch der Sklaverei, erweitert. Angela Davis, bell hooks und andere haben umfassend und richtungsweisend über dieses Thema geschrieben54, ebenso über Debatten über den Kampf für das Frauenwahlrecht und die Analyse rassistischer und geschlechtsbezogener Bilddarstellung. Was als Intersektionalitätstheorie bekannt geworden ist, hilft auch im Feld der Sozialpolitik, um zum Beispiel – wie es Crenshaw tut – bestimmte Bedürfnisse Schwarzer Frauen und Frauen anderer „ethnischer“ Minderheiten zu berücksichtigen. Vor welchen zusätzlichen Hindernissen steht zum Beispiel eine Migrantin, die Hilfe wegen häuslicher Gewalt in Anspruch nehmen will? Wie Laura Miles in diesem Magazin jedoch schon dargelegt hat, scheint die Intersektionalitätstheorie hier nur die Realität zu beschreiben, also auf der Ebene der Beschreibung zu bleiben.55

Natürlich brauchen wir Beschreibung, denn sie hilft uns dabei, die Mechanismen des Sklavenhandels besser zu verstehen, unter anderem, weil die Geschichte auch die Gegenwart durchdringt. Zu erkennen, wie sexistische Bilder zugleich rassistisch belegt werden und umgekehrt, hilft uns zu verstehen, wie unterdrückende Ideologie funktioniert. Für sich allein genommen ist das jedoch nicht genug.

Die Intersektionalitätstheorie führt in zwei verschiedene Richtungen: Einerseits spiegelt ihre Popularität das Bedürfnis nach größerer Einheit wider. Viele Feministinnen und andere Aktive betonen, sie seien „intersektional“, um deutlich zu machen, dass sie eine inklusive Politik anstreben, die unterschiedliche Erfahrungen anerkennt und insbesondere Schwarze Frauen willkommen heißt. Das ist in jedem Fall eine positive Entwicklung, insbesondere für jene von uns, die jahrelang die spaltende und moralistische Identitätspolitik ertragen haben.

Die Intersektionalitätstheorie bedeutet aber nicht notwendigerweise die Ablehnung der Identitätspolitik oder postmarxistischer Vorstellungen von Macht. Crenshaw zum Beispiel macht deutlich, dass sie Intersektionalität ausdrücklich als Versuch ansieht, die Kämpfe gegen Unterdrückung mit Elementen des Postmodernismus zusammenzuführen.56

Genau genommen lässt sich die Intersektionalitätstheorie nicht von Fragen der Identität trennen. Das Combahee River Collective zum Beispiel sagt, dass „die tiefgreifendste und potenziell radikalste Politik direktes Ergebnis unserer eigenen Identität ist, im Gegensatz zum Engagement für die Beendigung der Unterdrückung eines anderen“. Die Intersektionalitätspolitik ist deshalb demselben Risiko der Fragmentierung und moralistischen Spaltung ausgesetzt wie frühere Varianten der Identitätspolitik.

Ein Großteil dieses Ansatzes teilt mit der Privilegientheorie und der Identitätspolitik die Betonung der subjektiven Erfahrung als Hauptquelle, um Unterdrückung zu verstehen. Deshalb kann Collins wie folgt argumentieren:

Die übergeordnete Matrix der Herrschaft beherbergt mehrere Gruppen mit jeweils unterschiedlichen Erfahrungen der Benachteiligung und Bevorteilung, die entsprechende Teilperspektiven erzeugen. […] Keine einzige Gruppe hat einen klaren Blickwinkel. Keine einzige Gruppe besitzt die Theorie oder Methodik, die es ihr erlaubt, die absolute „Wahrheit“ zu entdecken.57

Einige Autoren und Aktivistinnen scheinen davon auszugehen, dass allein das Leben „an der Kreuzung der Unterdrückung“ bereits Widerstand bedeutet. Viele andere jedoch, die sich auf die Intersektionalitätstheorie beziehen, wollen Unterdrückung nicht nur benennen, sondern auch bekämpfen. Viele sprechen auch davon, Bündnisse nicht nur deshalb zu bilden, um Individuen zu konfrontieren, sondern auch um soziale Gerechtigkeit zu erkämpfen. Als Sozialistinnen und Sozialisten teilen wir diese Ziele und diesen Kampf. Ein gemeinsames Engagement für gemeinsame Ziele enthebt uns jedoch nicht der Aufgabe, besser zu verstehen, gegen was wir kämpfen, oder Strategien für den Widerstand zu diskutieren.

Eine der Hauptbeschränkungen der Intersektionalitätstheorie besteht darin, dass sie sich als Ansatz damit begnügt, auf der Erfahrungsebene zu bleiben, anstatt zu versuchen, die Quellen der sich überschneidenden Unterdrückungen, die sie beschreibt, zu verstehen. Im Gegensatz dazu beinhaltet die von Marx umrissene Methode, über die Wahrnehmung der Komplexität des Lebens durch Abstraktion hinauszugehen, um das zu finden, was Marx die „einfachsten Bestimmungen“ nannte – in diesem Fall, um die Quellen der Unterdrückung in der Klassengesellschaft zu lokalisieren. Aber das ist noch nicht alles. Marxisten müssen die durch Abstraktion gewonnenen Einsichten auf eine komplexe konkrete Realität anwenden – was Marx als „vom Abstrakten zum Konkreten aufsteigen“ bezeichnet.58 Auf diese Weise können wir die Quellen der Unterdrückung verstehen und damit auch, wie die Erfahrungen der Menschen im Kapitalismus geformt werden.

Zwei weitere Punkte ergeben sich aus der Methode von Marx. Erstens besteht Marx darauf, dass scheinbar getrennte Phänomene als Teil der Gesamtheit der Gesellschaft gesehen werden müssen – Formen und Erfahrungen von Unterdrückung können also nicht isoliert von den darüber hinaus gehenden Fragen nach der Funktionsweise der Gesellschaft verstanden werden. Zweitens ist das Konkrete immer historisch. Im Falle von Unterdrückung bedeutet dies, sich dessen bewusst zu sein, dass bestimmte Formen und Erfahrungen von Unterdrückung sich im Laufe der Zeit verändern. Zum Beispiel sind aufgrund struktureller Veränderungen im Kapitalismus in den letzten Jahrzehnten weltweit Millionen von Frauen zusätzlich in die Erwerbsarbeit eingetreten, was ihre Unterdrückungserfahrung und auch die Möglichkeit des Widerstands gegen diese Unterdrückung verändert hat.

Die strategischen Einsichten des Marxismus ergeben sich aus dieser Methode, die Welt zu begreifen. Indem wir die Quellen der Unterdrückung in der Klassengesellschaft aufspüren, können wir die strukturellen Fähigkeiten und das Machtpotenzial der Arbeiter im Kapitalismus erkennen. Während die Intersektionalitätstheorie zu Recht darauf hinweist, dass es viele miteinander verbundene Spaltungen in der Gesellschaft gibt, reduziert sie wie die Privilegientheorie die Frage der Klasse auf nur eine von mehreren Unterdrückungen. Dadurch wird übersehen, was das Besondere an Klasse im Kapitalismus ist. Sie ist nicht nur eine Quelle der Unterdrückung, sondern auch der Macht – und sie ist die Grundlage, auf der sich Menschen mit diversem Hintergrund und sich überkreuzender Unterdrückung vereinen können. Marx nannte die Arbeiterklasse nicht deshalb die universelle Klasse, weil alle in der Arbeiterklasse gleich sind, sondern weil alle Menschen der Arbeiterklasse eine gemeinsame Beziehung zum Kapitalismus haben und zusammen die einzigartige Kraft bilden, die die Macht hat, die Klassengesellschaft ganz und gar abzuschaffen.

Schlussfolgerungen

Weil die Privilegientheorie sich vor allem auf die Ungleichheit zwischen Individuen bezieht, kann sie uns nicht für einen Kampf bewaffnen, der sich letztendlich gegen das ganze System richtet. Das Problem ist jedoch nicht nur, dass damit der Kampfhorizont beschränkt wird; es besteht auch das Risiko, dass sie unseren Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung hier und heute behindert. Nehmen wir als ein drängendes Problem, vor dem die Linke steht und alle, die gegen Ungerechtigkeit vorgehen wollen, die weitverbreitete Diskriminierung von Zuwanderern seitens der Politiker und der Medien. Um dieses Gift zurückzudrängen, brauchen wir den gemeinsamen Kampf, der weiße und Schwarze Arbeiterinnen und Arbeiter vereint, von denen die meisten derzeit nicht denselben Schmähungen seitens der Tories und der harten Rechten ausgesetzt sind. Laut der Privilegientheorie sind jedoch viele jener, die wir für diesen Kampf gewinnen müssen, entweder bewusst oder unbewusst mitverantwortlich für Rassismus und „weiße Vorherrschaft“.

Die derzeitige Welle der Sündenbockpolitik ist nicht das Ergebnis des „Privilegs“ weißer oder britischer Menschen, sondern der Bedürfnisse und des Opportunismus einer bösartigen herrschenden Klasse, die die Verantwortung für die Wirtschaftsmisere auf andere abladen will. Wenn wir das verstehen, gibt es auch die Möglichkeit, andere von der Notwendigkeit der Klasseneinheit als wirksamster Weg des Widerstands zu überzeugen. Natürlich stellt sich Klasseneinheit nicht automatisch her und viele Angehörige der Arbeiterklasse fallen weiterhin auf Spaltungspolitik und Lügen herein. Deshalb brauchen wir einen politischen Kampf, nicht nur gegen die herrschende Klasse, sondern mit anderen in unserer eigenen Klasse. Aber indem sie weiße Aktivisten in eine Verteidigungshaltung in Bezug auf ihre Beteiligung an dem Kampf gegen Rassismus drängt, läuft die Privilegientheorie Gefahr, mögliche Verbündete zu vergraulen und Migrantinnen allein in ihrem Kampf zu lassen.

In vielerlei Hinsicht stehen die Kämpfe gegen Unterdrückung an einem Scheideweg. Die Kämpfe früherer Generationen haben einer Schicht der Unterdrückten die Tür geöffnet, um in Positionen der Mittelschicht und der herrschenden Klasse aufzurücken. Für diese Schicht beschränkt sich der Kampf für Gleichberechtigung auf einen Kampf für gleichen Zugang zu den Chancen ihrer Klasse, das heißt für mehr Plätze am Tisch der Oberen. So können wir einen Schwarzen Präsidenten im mächtigsten Land der Welt und eine Kanzlerin Angela Merkel im mächtigsten Land Europas haben. Die Homo-Ehe ist in Großbritannien legal, und die Rechte behinderter Menschen sind gesetzlich anerkannt, wenn auch in völlig unzureichender Weise. Und während einige wenige an der Spitze versuchen, eine Agenda für den Kampf aufzustellen, die ihren eigenen Bedürfnissen entspricht, bestehen am unteren Ende Unterdrückung und Ungleichheit weiter, und das Leben wird für die meisten durch rigide Sparmaßnahmen immer schwieriger. Das wirft viele Debatten darüber auf, wie wir für echte Befreiung kämpfen können – Debatten, in denen Marxistinnen viel zu bieten haben. Für einige der heute in Bewegung Aktiven ist die Privilegientheorie in erster Linie eine Möglichkeit, den Widerstand gegen Unterdrückung zum Ausdruck zu bringen. Das kann ein guter Ausgangspunkt sein und drückt Bedenken aus, die wir teilen, aber es ist kein Rahmen, der die Kämpfe voranbringen kann. In dieser Situation hat die Linke große Verantwortung, sowohl mit anderen zusammenzuarbeiten, um all die vielen Kämpfe gegen Unterdrückung so lebendig und breit wie möglich zu gestalten, als auch für eine Politik und eine Strategie zu kämpfen, mit der wir gewinnen können.

Dank an David Paenson für die Überarbeitung der Übersetzung.—RN.


Fußnoten

1 Im Englischen ist der Begriff der „Rasse“ bis heute viel gebräuchlicher. Es ist im deutschsprachigen Raum üblich, stattdessen den Begriff der „Ethnie“ zu verwenden. Zur Problematik dieses Begriffs siehe: Davidson, Neil, „The trouble with ,ethnicity‘“, International Socialism Journal, 1999 (Herbst). Wo es sich nicht vermeiden lässt, werde ich den Begriff der „Rasse“, mich damit anderer Literatur anschließend, in Anführungszeichen setzen.

2 Kimmel und Ferber, 2010.

3 McIntosh, 1988, S. 14.

4 McIntosh, 1988, S. 21.

5 Marx, MEW 25, S. 825.

6 Kendall, 2013, S. 151.

7 TJLP, 2012.

8 Siehe Choonara und Prasad, 2012.

9 Eine detaillierte Darstellung und Kritik der Identitätspolitik bietet Smith, 1994.

10 Fukuyama, 1992 (ausgehend von seinem Essay „Das Ende der Geschichte?“ von 1989). Zu dem Hintergrund siehe Callinicos, 1989, Kapitel 5.

11 Wilson, 2011.

12 Laclau und Mouffe, 1985.

13 Laclau und Mouffe, 1985, S. 191.

14 Wilson, 2008.

15 Callinicos, 1989, S. 82.

16 Foucault, 1991, S. 116–117.

17 Collins, 2010, S. 234.

18 Siehe zum Beispiel Wise, 2011.

19 Kimmel und Ferber, 2010, S. 9.

20 Eine gründliche marxistische Analyse der Ursprünge des Rassismus bietet Olende, 2013.

21 Wise, F.A.Q.s, www.timwise.org/f-a-q-s/

22 Roediger, 2000, S. 6.

23 Roediger, 2000, S. 7.

24 Halley, Eshleman und Vijaya, 2011, S. 11.

25 Du Bois, 1965, S. 700–701.

26 Du Bois, 1965, S. 700.

27 Bloom, 1987, S. 26.

28 Der deutsche Begriff für das bedingte Wahlrecht lautet Zensuswahlrecht.

29 Reich, 1978, S. 524.

30 Reich, 1971.

31 Eine gründlichere Diskussion findet sich bei Harman, 1994, und German, 1989.

32 Engels, MEW 39, S. 206.

33 Wise, F.A.Q.s.

34 Marx, MEW 3, S. 533.

35 Collins, 2009.

36 Marx, Irland, S. 211–217.

37 Marx, MEW 32, S. 582–583.

38 Marx, MEW 12, S. 285.

39 Kimmel und Ferber, 2010, S. 6.

40 Fogg, 2013.

41 Kimmel und Ferber, 2010, S. 9.

42 Collins, 2010, S. 234–235.

43 Sivanandan, 1990, S. 14.

44 Kendall, 2013, S. 171.

45 Martin, 2007.

46 Crenshaw, 1989, S. 140.

47 Collins, 2009 (zuerst veröffentlicht 1990).

48 Siehe German, 1989.

49 Lorde, 2000, S. 289.

50 Vogel, 1991.

51 Combahee River Collective, 1977.

52 Combahee River Collective, 1977.

53 Hooks, 1992 (zuerst veröffentlicht 1982), S. 150.

54 Angela Davis wird meist ebenfalls zu der Kategorie der Schwarzen Feministinnen gerechnet, weil sie die Verbindung zwischen Geschlecht, „Rasse“ und Klassenpolitik untersucht. Sie teilt jedoch nicht durchgehend den Ansatz vieler anderer Schwarzer Feministinnen. Das illustriert auch das Problem, viele Schwarze Schriftstellerinnen einfach in einen Topf zu werfen, der von Identität ausgeht, nicht von gemeinsamer Politik.

55 Miles, 2014.

56 Crenshaw, 1991, S. 1244.

57 Zitiert nach: Mann und Huffman, 2005, S. 62.

58 Marx, MEW 42, 1983, S. 35.


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